Via Culinaria des Bier-Genusses Salzburger Land
Wenn man die schmucke Stadt an der Salzach im schönsten Sonnenschein betrachtet, kann man sich gar nicht so recht hineinversetzen in die Literaten, die an ihr litten. Als "antiquarisches, schläfriges Städtchen“ beschrieb sie Stefan Zweig, Georg Trakl lobte ihre Schönheit, beklagte aber, sie sei „von Unerträglichkeit bewohnt“. Der rasche Gast, der wie Millionen anderer Touristen nur Augen hat für die wehrhafte Festung, den protzigen Dom und Mozarts gediegenes Geburtshaus, um anschließen mit Mozartkugeln bewaffnet zur nächsten Urlaubsstation weiterzufahren, wird davon jedoch nur wenig mitbekommen. Doch wir sind gekommen, um etwas länger zu bleiben. Eine gewisse Geruhsamkeit ist auf der „Via Culinaria“ angebracht, denn Genuss braucht seine Zeit und dem wollen wir hier hingeben. Vor drei Jahren hat man sie eröffnet und sieben Genusswege schlängeln sich inzwischen durchs Salzburger Land, jeder einem anderen Genuss gewidmet.
Unterwegs mit der Bierexpertin
Martina Gyuroka definiert Stiegl
Stiegl = Salzburger trinken immer einen ganzen Liter (C) Michael Ritter
Für uns steht der Genussweg für Bierverkoster auf der Agenda und beginnt mit einer historischen Bierwanderung durch Salzburg. Martina Gyuroka hat sich das Programm dazu ausgedacht. Mit ihrem pausbäckigem Lächeln und dem feuerrotem Haar erinnert sie an Pumuckl und zeigt uns bei der Tour, dass ihr der Schalk im Nacken sitzt. Im feschen Dirndl hat uns Frau Magister in dem Altstadthotel mit den meterdicken Mauern abgeholt und schaut erst mal auf unsere Füße. „Haben Sie auch bequeme Laufschuhe dabei?“ fragt sie eine Teilnehmerin, die mit ihren Stöckelschuhen aussieht, als wolle sie gleich weiter ins Festspielhaus. „Wir haben heute nämlich ein ordentliches Laufpensum vor uns“, erklärt sie lächelnd und „Schuhmacher lieben das Salzburger Pflaster.“
Freudenhäuser und Bierzapferinnen
Durch winklige Gassen, wie die Herrengasse, führt sie uns bergauf. Deren Namen geht zurück auf die dort lebenden geistlichen Herren des nahen Doms. Doch schnell räumt sie mit eventuell existierender Hochachtung vor dem Klerus auf, als wir am Haus No. 30 vorbeigehen. „Seit dem Mittelalter war hier ein Freudenhaus“ sagt sie und zeigt auf eines der für Salzburg zu typischen schmiedeeiserenen Zunftschilder, das eine elegant gekleidete Kokotte zeigt. Überwacht hat den Verkehr im Freudenhaus damals übrigens der Henker. „Colombans Regeln galten damals nicht viel“, sagt sie. Auch Fürsterzbischof Wolf-Dieter von Raitenau, der viele der barocken Bauten der Stadt in Auftrag gab, hatte eine Konkubine: die Salzburger Bürgertochter Salome Alt. Dass ihm Rom einen Dispens für eine Heirat verweigerte, hinderte ihn nicht daran, mit ihr 15 Kinder zu zeugen und für die Familie Schloss Mirabell zu errichten. Als die geistlichen Herren später aus der Herrengasse wegzogen, verkaufte das Domkapitel das Haus an eine Bierzapferin.“ Später kam eine der dreizehn Brauereien, die es damals in Salzburg gab ins Haus. Bierbrauen war zu dieser Zeit meist Weibssache und ein Braukessel eine beliebte Mitgift.
Im Stiegl-Keller
Nur ein paar Meter weiter bergauf sind es von hier zum alten Stiegl-Keller, der sich mit drei Terrassen unter der Festung und über dem Domplatz erhebt und einen einmaligen Blick auf die Altstadt bietet. Schon 1820, als Josef Schreiner den Keller erwarb, war seine Stiegl-Brauerei der größte Betrieb in Salzburg. Durch die tief in den Felsen getriebenen Keller konnte er seinen Gästen auch im Sommer ein kühles Kellerbier servieren. Auch heute noch gehen Einheimische wie Touristen gerne in den schönen Biergarten für ein Mittagsmahl. „Salzburger trinken immer einen ganzen Liter“ – buchstabiert Martina Gyuroka STIEGL und stemmt uns zur Bestätigung eine Maß entgegen.
Durch die Stadt zur Höllbräu
Nur ein paar Meter weiter bergauf sind es von hier zum alten Stiegl-Keller, der sich mit drei Terrassen unter der Festung und über dem Domplatz erhebt und einen einmaligen Blick auf die Altstadt bietet. Schon 1820, als Josef Schreiner den Keller erwarb, war seine Stiegl-Brauerei der größte Betrieb in Salzburg. Durch die tief in den Felsen getriebenen Keller konnte er seinen Gästen auch im Sommer ein kühles Kellerbier servieren. Auch heute noch gehen Einheimische wie Touristen gerne in den schönen Biergarten für ein Mittagsmahl. „Salzburger trinken immer einen ganzen Liter“ – buchstabiert Martina Gyuroka STIEGL und stemmt uns zur Bestätigung eine Maß entgegen.
Mozart und das Bier
Beim Weitermarsch durch die prallvolle Getreidegasse recken wir die Köpfe nach den zierlichen und verspielten Zunftzeichen der Gasthöfe, Geschäfte und Werkstätten. Sogar der US-Hamburger-Brater verzichtet auf Neon und hat seine Bögen beim benachbarten Schlosser in Auftrag gegeben. Natürlich kommt man an Mozart nicht vorbei. Gruppen aus aller Welt strömen durch sein Geburtshaus und unsere Führerin hat prompt eine Anekdote aus dessen Jugend parat. Im Sternbräu sei er beim Tanz bierselig einem jungen Mädchen dicht auf die Pelle gerückt. Da der lebenslustige Musiker aber keine festeren Absichten hegte, soll die Kleine voll Gram ins Kloster gegangen sein.
Zu Mozarts Zeiten durften die Salzburger nicht mehr - wie noch im Mittelalter üblich - aus dem Hopfen und Malz, der rund um die Stadt wuchs, ihr eigenes Bier brauen, da der Kirche das Biermonopol gutes Geld in die Kassen spülte. Erzbischof Leonhard von Keutschach erwarb 1496 die alte Brauerei im einige Kilometer südlich liegenden Kaltenhausen und baute sie großzügig aus. „Die Salzburger nannten ihn deshalb „Lindl-Wirt“. Einem Mönch stand damals eine Tagesration von bis zu drei Maß von dem „flüssigen Brot“ zu, einer Nonne etwa die Hälfte. „Allerdings bestimmte der Abt, welche Menge das „Maß“ hatte“. Da Bier in den Klöstern als Grundnahrungsmittel galt, lockerte der Papst im 16. Jahrhundert die strengen Fastenregeln und erlies den Grundsatz: "Liquida non frangunt ieunum" (Flüssiges bricht Fasten nicht). Nicht jeder konnte dabei maßhalten. Ein Erzbischof musste dabei sehr deutlich werden: »Ist ein Priester so betrunken, dass er die Psalmen nur noch lallt, soll er zwölf Tage von Brot und Wasser leben. Ist ein Mönch so voll, dass er speit, soll er dreißig Tage Buße tun.“
In der Augustiner-Bräu
Auch die am Fuße des Mönchsbergs gelegene Augustinerbräu im Stadtteil Mülln geht auf ein Kloster zurück. Hansjörg Höplinger ist dort Braumeister und führt uns stolz durch das Sudhaus mit den 100 Jahre alten Kesseln und Pfannen. Hier ist noch nicht die moderne Elektronik eingekehrt, alles wird noch von Hand hergestellt und in Holzfässern abgefüllt. „Moderne Brauereien kann man doch von einer Molkerei oder Raffinerie kaum noch unterscheiden“ klagt der bodenständige Braumeister. Dass sein Betrieb fast ein Museum ist, stört ihn wenig, denn Tradition hat dort einen hohen Stellenwert. Der Biergarten mit 1.500 Plätzen ist der größte in ganz Österreich. „Die Gäste holen sich ihr Bier an der Schänke und wer mag, darf sich seine Jause selbst mitbringen“ erklärt uns Wirt Reiner Herbe. Wie beliebt sein Lokal ist, wird in den holzgetäfelten Sälen deutlich, wo viele Tische gleich mehrfach als Stammtische gekennzeichnet sind. „Über 100 sind es inzwischen“, sagt er stolz. Meist herrscht Geschlechtertrennung zwischen Stammtischbrüdern und – schwestern. Als Herbe seinen Job vor fünf Jahren begann, stellte er Stammtischpässe aus, der Zechern einen Preisnachlass auf das frisch in Steinkrüge gezapfte Bier gewährte. Darauf explodierte die Zahl der Stammtische und auch der Umsatz legte zu.
Im Pferde-Fuhrwerk durch Salzburg
„Hopfen und Malz, Gott erhalt’s!“ steht auf dem festlich geschmückten Fuhrwerk, das uns zu unserer nächsten Bierexkursion abholt. "Gehts zruck, schiabts an, hot, hot, guat is Buam" rangiert Kutscher Herbert die beiden Pferde behutsam ein. Seit über 500 Jahren liefert Österreichs größte Privatbrauerei so ihr Bier aus. Vorbei am Festspielhaus fahren wir damit durch den Mönchsberg-Tunnel und über die Neutorstrasse an den Stadtrand zur Stiegl-Brauwelt. Hinter uns staut sich schnell der Verkehr, doch Herbert und seine Pferde stört das nicht. "Noriker haben gute Nerven ", sagt er, als uns der Linienbus endlich überholen kann.
In der Stiegl-Brauwelt
Christian Pöpperl wartet dort schon im hauseigenen Biergarten auf uns. Der 41-jährige im hellen Leinenjanker ist Stiegl- Braumeister und kennt bestens die Aromen der von ihm produzierten Biere. „Das Zwickl-Bier ist naturtrüb, ungefiltert und sollte frisch getrunken werden. Mit seinem samtig- würzigem Geschmack ist es ein idealer Durstlöscher, der schön zu Käse passt“ – oder zur Kräuter-Schaumsuppe, die uns dazu serviert wird. Beim „Duett von der Fledermaus (keine Angst – ist auch ein Teil vom Rind) und Filet vom Wildshuter Bio-Rind auf Spargel mit Bärlauch und Tomaten“ lässt Pöpperl die vollmundige Goldbräu direkt vom Brunnen im Hof zapfen.
Wie die Aromen ins Bier kommen, verrät er uns beim Gang durch den Betrieb, wo wir den Unterschied zwischen dunklem doppelt gedarrten Karamellmalz und hellem Pilsener Malz erkauen und auch den Hopfen, der dem Bier das Aroma und die charakteristische Bitternote verleiht, zerreibt er zwischen den Fingern und lässt uns an dem Duft teilhaben. „Jetzt schießen wir einen Hund“ sagt er, als er direkt aus dem Kessel einen Krug Pils abfüllen lässt. In der Sprache der Brauer bezeichnet man so das (unerlaubte) Anzapfen eines Fasses zum eigenen Genuss.
Die CreativBrauerein in Trum
Nicht nur Salzburg steht auf unserer Reiseroute der Via Culinaria. Nur einige Kilometer nach Norden sind es zum Salzburger Seenland, einem Gebiet, dass auch zahlreiche Literaten wie Thomas Bernhard, Carl Zuckmayer oder Ödon von Horvath anzog. Am Obertrumer See liegt dort das gleichnamige Dorf mit seiner CreativBrauerei, in der die Gäste unter Anleitung eines erfahrenen Brauers ihr eigenes Bier brauen. Teils kommen dabei ziemlich ungewöhnliche Kreationen mit Ingwer und Zitronengras heraus, verrät uns Braumeister Axel Kiesbye, ein Immigrant aus Dortmund. Eine Clique aus der Umgebung hat ihrem Freund Stefan zum Geburtstag einen Brautag geschenkt. „Nicht ganz uneigennützig“, vermutet Stefan lächelnd, denn so kommen sie selbst in den Genuss der Trumer Biere und dürfen sich nach vier bis sechs Wochen, wenn das 75-Liter-Fass mit dem selbstgebrauten Bier reif ist, auf ein weiteres Fest freuen.
Zum Abschluss ins Trumer Brauhaus
Das moderne Trumer Brauhaus lässt vergessen, dass wir uns auf dem Dorf befinden. Schon bevor uns Johanna Panhauser leibhaftig in Empfang nimmt, begrüßt uns ihr lebensgroßes Abbild, das strahlend und mit erhobener Bierflasche zum Meeting Point lädt. Die lebenslustige Biersommeliere führt uns wortreich durch den Betrieb, immer wieder vorbei an Abbildungen ihrer Kollegen und hat oft einen Ratschlag parat, wie man gewöhnliche Gerichte mit Bier aufpeppen kann. Dass sie dem Süßen und dem Bier nicht abgeneigt ist, kann man ihr ansehen. „Chocolat Porter Mousse oder Bieramisu sind echte Köstlichkeiten“ schwärmt sie.
Auch Axel Kiesbye hängt als Gemälde an der Wand. „Wir wollen exklusiv sein“, betont sein Original und so lässt sich das Team aus dem Alpenvorland immer wieder Neues einfallen: mal farbige Bierkrüge, mal mundgeblasene Gläser, mal eine Filiale im kalifornischen Berkeley. „Doch was noch wichtiger ist: das Bier schmeckt“, sagt Kiesbye zuversichtlich und konnte davon nicht nur uns, sondern auch zahlreiche Juroren rund um den Erdball überzeugen. Na denn: Prost!
Infos
Wer auf Biertour gehen möchte oder einen der anderen sechs Genusswege (für Käsefreaks, Hüttenhocker, Fischfans, Naschkatzen, Fleischtiger oder die hier Feinspitze genannten Feinschmecker) beschreiten möchte, kann beim SalzburgerLand Tourismus kostenfrei eine Broschüre als kulinarischen Reiseführer bestellen. (www.salzburgerland.com) Auf rund 80 Seiten gibt sie einen Überblick über die Touren und eine Faltkarte erleichtert die Orientierung, damit man bei der Suche nach einer der über 200 Kulinarikadressen nicht im Genussrausch verloren geht.
(c) Connaisseur & Gourmet 2021