Besuch bei Bouvet-Ladubay an der Loire
Vor gut 100 Jahren war Bouvet Ladubay der größte Sekthersteller der Welt. Allein von dem damals zum Unternehmen an der Loire gehörenden Champagnerhaus de Castellane (heute Laurent-Perrier), das in Epernay immer noch mit seinem imposanten 67 Meter hohen Turm an die einstige Zeit des Glanzes erinnert, wurden damals Jahr für Jahr 2 Millionen Flaschen Champagner in die Salons der Belle Epoche und ins Ausland geliefert, weitere fünf Millionen Flaschen Sekt kamen aus den Kalksteinkellern an der Loire. |
Diese Tage sind heute lange Geschichte und es hat bis in unsere Tage gedauert, dass das heute dem indische Konzern United Breweries gehörende Unternehmen wieder an die alten Erfolgszahlen anknüpfen kann. Dabei sind seine Erzeugnisse durchaus Schmeckens wert, wie wir uns auf einer Kurzreise auf Einladung der Kellerei Bouvet-Ladubay zum alljährlichen „Journées nationales du Livre et du Vin“ in Saumur feststellen konnten. |
Chartres
Schon die Anreise über Paris war ein Erlebnis, denn die großartige Kathedrale von Chartres lag am Wegesrand und in den mittelalterlichen Glasfenstern zapfte ein Mönchen Wein aus einem Fass ab. |
Der richtige Start ins Wochenende. Ein großartiges Fest für alle Sinne, typisch französisch mit Speis und Trank, Literatur und Musik, zeitgenössischer Kunst und verschiedenen Weinproben. |
Picknick an der Loire
An der Loire empfing uns ein Picknick im Weinberg oberhalb des Flusses an einer romanischen Kirche. Historisches Land. Nur ein paar Kilometer flussaufwärts liegt Candes-Saint-Martin, eines jener „Schönsten Dörfer Frankreichs“, die ihren Namen ganz zu Recht tragen. Hier lebte lange Zeit einer der berühmtesten Heiligen der katholischen Kirche, der heilige Martin, der seinen Mantel mit einem Bettler teilte und dessen Gebeine heute im nahen Tour ruhen. |
Wenige Kilometer südlich ist die königliche Abtei Fontevraud Grablege der Plantagenets mit den Grab von Richard Löwenherz und wenn man einige Kilometer der Vienne folgt, die dort in die Loire mündet, begrüßt den Reisenden die majestätische Burg Chinon, wo die junge Jeanne d’Arc mit König Karl VII. zusammentraf. |
Zum Start ein Tresor
Zum Tresor, einem raffinierte und finessenreiche Crémant Rosé aus Cabernet Franc, der nach roten Früchten, Veilchen und Vanille duftet und mit seiner cremigen Textur und feinen Perlage überzeugt. |
Er gilt als Premium Rosé der Loiret, dazu gab‘s köstliche Rillettes de Canard vom Maison Prunier aus dem Örtchen Connerré ! |
Der Clos l"entre des Murs
Von dort aus ging es es weiter durch die Weinberge zum Clos l´entre des Murs von Château de Parnay, einer faszinierenden alten Anlage, die vor rund 120 Jahren in der Nähe von Saumur an der Loire von Antoine Cristal angelegt wurde, weshalb sie nicht nur im Volksmund auch oft "Clos Cristal" genannt wird. Mauern umfrieden den Weinberg auf dem Plateau am Südufer der Loire. Das Einzigartige allerdings sind die Mauern, die jeweils alle zwei Rebzeilen gezogen wurden. |
Sie werden knapp über der Erde von Löchern durchbohrt, durch die sich einige der Reben von der Nordseite der Mauer zu dessen sonniger Südseite durchgekämpft haben. Über einen Kilometer sind die elf Mauern lang und das hochwertige Lesegut wird alljährlich dem Hospital in Saumur gespendet, die aus daraus einen begehrten Chenin blanc keltern lassen, dessen Erlös (die Flasche kostet rund 20 €) das Krankenhaus unterstützt. |
Das Schloss von Saumur
Auf den Weg zum Weingut in Saint-Hilaire-Saint-Florent passieren wir das Schloss von Saumur, dessen prunkvolle mittelalterliche Version die Très Riches Heures, das Stundenbuch des Herzogs von Berry, schmückte, jenes unglaublich wertvolle Manuskript mit feinsten Buchmalereien, dass heute im Schloss Chantilly zu sehen ist. |
In dessen Septemberblatt malte der Buchmaler Jean Colombe im 15. Jahrhundert Szenen einer Weinlese zu Füssen des Schlosses. Das Schloss ist heute UNESCO Weltkulturerbe und natürlich findet man auch heute an den Hängen hinunter zum Fluss Reben. |
Château Bouvet Ladubay
In dem Örtchen mit den langen Namen zweier Heiliger wurde das Château Bouvet Ladubay in ein bezauberndes Chambres D'Hôtes mit nur fünf riesigen Zimmern verwandelt, in dem noch viel an den früheren Besitzer Etienne Bouvet erinnert. |
Das Jadezimmer mit einem Vorzimmer und einem riesigen goldenen Bad mit herrlich verzierten Glasfenstern blickt hinaus auf den Park, hinweg über den riesigen Wintergarten, in dem Palmen wachsen. Für Preise ab 120 € ein gelungener Einstieg in das Leben der Reichen am Fin de siècle. |
Beim Meister der Schweinsfüßchen
Im nahen Saumur konnten der Metzger Gérard Girardeau und sein Sohn Sébastien mit ihren feinen „pieds de cuchon“, den Schweinsfüßchen, überzeugen. Auch die Schweinsfüßchen mit Foie Gras oder die grandiose „boudin blanc“, eine Weißwurst nach Art der Großmutter brachten den Giradeaus zahlreiche Preise bei nationalen und internationalen Verkostungen ein. |
International geht es auch bei Sohn Sébastien zu, dessen Frau es aus dem Vogtland an die Loire zog. |
Champignonkeller
Das Plateau am Südufer der Loire ist durchzogen von langen Kellergängen, die schon im Mittelalter von den Mönchen in den weichen Tuff gegraben wurden. Ein idealer Ort nicht nur für Wein, sondern auch für Schnecken und Pilze, die hier in großer Zahl gezogen werden. |
Galipette farcies sind die Riesenchampignons, die mit Rillette, Andouilles (Würsten), Ziegenkäse oder Räucherlachs gefüllt sind und recht lecker schmecken können. Ganz in der Nähe ist der Sitz der Cadre Noir, dem reiterlichen Elitecorps des französischen Militärs, wo immer noch die hohe Schule der Reitkunst zelebriert wird. |
Literatur im Weingut
Der nächste Tag steht ganz unter dem Stern des Festivals, das in diesem Sommer bereits zum 17. Mal stattfand und war für die knapp 140 französischen Autoren unterschiedlicher Literaturgattungen so etwas wie ein Rendezvous des Ami im malerischen Saumur bietet. |
Während die Autoren an Tischen in der Kellerei ihre Bücher präsentierten und signierten, konnten die 6300 Gäste auch bei den Winzern Weine probieren, bei Spargel- und Erdbeerbauern, Zuckerbäcker und Metzgern probieren und einkaufen. Viele namhafte Verlage waren mit von der Partie. |
Kultur im Weingut
Schon Etienne Bouvet hatte eine soziale Ader und bot seinen Mitarbeitern nicht nur angenehme Firmenwohnungen, sondern auch ein hauseigenes Theater und eine Kunstgalerie. Während im „Bouvet-Ladubay Art concept“ namhafte zeitgenössische Künstler ihre Werke ausstellen fanden im Konzertsaal klassische Konzerte mit Werken von Chopin und Debussy statt. |
Weil das nicht jedermanns Sache ist, spielte auch Thomas Dutronc, der Sohn der Sängerin Francoise Hardy mit seinem Jazz-Trio auf. 6300 Gäste aus allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen nahmen an dem Ereignis teil. |
Die Preisverleihung
Zentrales Ereignis des Festivals war der Preis des damit verbundenen Literaturwettbewerbs, bei dem Preise in verschiedenen Gattungen verliehen wurden. Bouvet Ladubay konnte sich nicht über den Zulauf an Besuchern und Prominenten beklagen. Das Aufgebot der Prominenz bei der Präsentation der Preisträger war beeindruckend: |
der Rimbaud-Experte Alain Borer war ebenso dabei wie die Schauspieler Richard Boringer (aus dem Kultfilm Diva), und Antoine Dulery (aus den Filmen Lelouchs), die Schauspielerinnen Brigitte Fossey (Die Filmmutter von Sophie Marceau im La Boum) und Gabrielle Lazure (Enigma) und Patrick Poivre, das Pendant zu Ulrich Wickert bei den französischen TV-Abendnachrichten. |
Lunch im Gewölbekeller
Highlight für die geladenen Gäste war das große Lunch mit Austern, Filetsteak und edlen Weinen im mit Kerzen erleuchteten Keller der früheren Abtei aus dem 12. Jahrhundert, die sich kilometerlang unter dem Gelände ausdehnen. |
Da ein solches Spektakel nicht preiswert ist, sammelte Bouvet Ladubay renommierte Sponsoren wie Guerlain, Renault (Fahrdienst), die SNCF (die per TGV die Autoren von Paris nach Saumur und zurück transportierte). Doch ohne die Mitarbeit von zahllosen Ehrenamtlichen, die ohne Bezahlung mitarbeiteten, wäre das Spektakel sicherlich gescheitert. |
(c) Connaisseur & Gourmet 2021