Prickelnde Erlebnisse im Hügelland des Veneto
Hügellandschaft des Prosecco
(c) Michael Ritter
Sie mögen prickelnden Sektgenuss? Dann sind Sie nicht allein. Deutschland ist das Land der Sektliebhaber. Weltweit wird nirgendwo mehr Schaumwein getrunken als bei uns: Fast jede vierte, der weltweit rund zwei Milliarden Flaschen Sekt, köpfen die Deutschen. Mehr als sie produzieren, weshalb pro Bundesbürger rund eine Fasche aus dem Ausland importiert werden muss. Das sind nicht nur Champagner und Crémants aus Frankreich oder Cava aus Spanien, sondern auch italienische Prosecco.
Flaschenabfüllung Prosecco
(c) Michael Ritter
Was ist Prosecco eigentlich?
Viele Deutsche verbinden mit Prosecco einen leichten Perlwein zum Aufspritzen des „Hugo“. Zwar wissen die meisten, dass Prosecco aus Italien stammt, doch glaubt sogar mancher deutsche Winzer nach wie vor, dass Prosecco ein Synonym für Schaumwein sei und bieten deshalb selbst ihren Riesling munter als Prosecco, Secco oder in verballhornter Form als leichten prickelnden Sommerwein ohne große Ansprüche an. |
Dass der Name bis 2009 für die weiße Rebsorte Glera stand, wurde hier schlicht ignoriert. Heute könnte diese Unkenntnis teuer zu stehen kommen, denn seit Anfang 2010 ist „Prosecco“ eine Herkunftsbezeichnung für den zu mindestens 85 Prozent aus Glera hergestellten stillen, perlenden oder schäumenden Wein aus einer kleinen Region des Veneto im Nordosten Italiens. Dabei wollte man durch strenge Auflagen dem früher üblichen Namensmissbrauch einen Riegel vorschieben. |
Weinlandschaft im Prosecco
(c) Michael Ritter
Das neue Gesetz zum Schutz des Prosecco
Heute darf der Glera für den Prosecco ausschließlich aus den Provinzen Belluno, Gorizia, Padova, Pordenone, Treviso, Triest, Udine, Venetien und Vicenza stammen und auch Vinifikation und Abfüllung müssen dort erfolgen. Damit wurde die Qualität deutlich erhöht und die Zeiten als „Prosecco“ per Tankwagen geliefert und bei uns en masse abgefüllt und verramscht wurde, sind Geschichte. Eigentlich sollte es auch keine Prosecco in blauen Flaschen geben, denn das neue Gesetz definierte sogar die Glasfarben. |
Durch den erlaubten Zusatz von bis zu 15 % der autochthonen Sorten Bianchetta, Perera oder Verdiso und der internationalen Sorten Pinot Noir und Chardonnay können ganz unterschiedliche Typen des meist spritzig-frischen Schaumweins entstehen. Der beste DOCG-Prosecco ist ein delikater, teils zarter Schaumwein, der die säurebetonten Aspekte deutschen Riesling-Winzersekts, kräftige Crémants oder die Hefenote des Champagners durch seine leichte und elegante Art gut auszugleichen vermag. Ein ausgezeichneter Aperitif. |
Große Lagertanks
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Die Ausbaumethoden des Prosecco Spumante
Dabei gibt es nach wie vor unterschiedliche Ausbaumethoden. Als Spumante (Sekt) darf er sich nur nennen, wenn er seine Kohlensäure entweder durch traditionelle Flaschengärung (wie Champagner) oder durch Tankgärung (Metodo Martinotti oder Chamat) erhält. Während die höherwertigen Produkte fast ausschließlich die aufwändigere Flaschengärung nutzen, werden ihre günstigeren Brüder meist in Tankgärung hergestellt. |
Dennoch unterliegen beide, anders als der Perlwein Frizzante mit zugefügter Kohlensäure, bei uns der 1902 für Rüstungsausgaben eingeführten und seitdem nicht mehr abgeschafften Schaumweinsteuer. Diese schlägt, zusammen mit der darauf fälligen Mehrwertsteuer, mit saftigen € 1,23 pro 0,75 l-Flasche zu Buche. |
Castello die San Salvatore
(c) Michael Ritter
Vino in Villa
Eine erstklassige Möglichkeit die Region des Prosecco mit Kunst und Kultur im Conegliano Valdobbiadene zu erkunden, ist der Besuch von Vino in Villa. Es ist das jährlich stattfindende wichtigste Event für den Conegliano Valdobbiadene Prosecco und findet jeweils am dritten Wochenende im Mai statt. Dabei stellt das für den Schutz der Marke zuständigen Konsortiums unter der Leitung von Innocente Nardi vom Weingut La Farra den anwesenden Fachleuten und Verbrauchern den Wein vor Ort vor. Highlight ist dabei die Verkostung der Weine direkt bei den Herstellern des Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore am Sonntag im malerischen aus dem 12. Jahrhundert stammenden Castello di San Salvatore in Susegana. |
Interessente können dort für knapp 20 Euro von 10 bis 22 Uhr rund 300 der Spitzenweine verkosten und das dafür verwendete Riedel-Glas als Andenken mit nach Hause nehmen . |
Weinberge im Prosecco
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Ein Streifzug durch UNESCO-Welterbe
Die Schaumweine der Region haben über die Jahre die Herzen von Konsumenten in mehr als 80 Ländern der Erde gewonnen. Vom Castello bietet sich ein wundervoller Blick über weinbewachsene Hügel. Viele der Weingüter freuen sich über Besucher, laden zur Besichtigung oder Verkostung ein. Auf der Seite des Konsortiums kann man sich über die Öffnungszeiten und die dort gesprochenen Sprachen informieren. Eine Fahrt durch die malerischen Hügel, die man stundenlang bewundernd anschauen könnte und die 2010 in die Liste der zum UNESCO Welterbe nominierten Stätten Aufnahme fanden, lohnt. 2016 verlieh das „Europäische Netzwerk der Weinstädte“ der Region mit ihren „Hauptstädten“ Conegliano und Valdobbiadene den prestigeträchtigen Titel „European Wine City“. |
Rund 7.200 ha Rebfläche werden dort von 3.200 Weinbauern und ihren Mitarbeitern in oft mühsamer Handarbeit bearbeitet. Zwar kam der Wein und Anbau schon früh in die Region, doch mit der Eröffnung der ersten Weinbauschule Italiens in Conegliano im Jahr 1876 begann der Erfolgsweg des Prosecco. Weine der höchsten Güteklasse stammen entweder aus dem großen Vorzeigeweinberg Cartizze bei Valdobbiadene oder einem der „rive“ genannten anderen Hügel, die sich an die Voralpen anschmiegen. |
Conegliano
(c) Michael Ritter
Conegliano Reich an Geschichte
Ein guter Ausgangspunkt für eine Tour auf der Prosecco-Weinstraße ist Conegliano, das am 11. September 2016 auf eine 1.000-jährige geschriebene Geschichte zurückblicken kann. Damals vermachte der ottonische Kaiser Heinrich II. den Ort in einem Dokument der Familie De Camino |
Kunstfreunden sei die Scuola dei Battuti ans Herz gelegt, in deren Obergeschoss die Sala dei Battuti sehenswerte Freskenzyklen von Francesco da Milano und Pozzoserrato aus dem frühen und späten 16. Jahrhundert enthält. Auch der Maler Giovanni Battista Cima stammt aus der historischen Stadt und man findet einige seiner Werke im Museo di Giovanni Battista Cima. |
Gasthaus „All’Oste che non c’è"
(c) Michael Ritter
Die Weine des Cartizze
Auf der Weiterfahrt kommt man nach Rolle, das berühmt ist für seine steilen Weinberge. Der Ort wurde als erste italienische Gemeinde von der FAI - Fondo Ambiente Italiano, einer gemeinnützigen Stiftung für Denkmalpflege und Naturschutz in ihr Programm aufgenommen. Deren Ziel ist es die italienische Kulturlandschaft zu erhalten. Inzwischen verwaltet sie 47 unter Denkmalschutz stehende Kulturgüter, die zum Teil restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. |
Während in der einem Hälfte des Hauses einige Tiere untergebracht sind, lädt die Gaststube oder die Terrasse vor dem Haus mit prächtigem Blick über den Cartizze-Hügel zum Verweilen ein. In unseren Tagen ein einmaliges Erlebnis. |
Mionetto
(c) Michael Ritter
Henkells Ableger im Prosecco - Mionetto
Wenige Kilometer weiter ist man schon in Valdobbiadene. Dort hat die deutsche Sektkellerei Henkell vor einigen Jahren das Haus Mionettoerworben, ein vom gleichnamigen Winzer 1887 erbautes Weingut. Die Schaum- und Perlweine haben die Traditionskellerei schon zuvor weltbekannt gemacht. Schon damals hatte man einen Blick auf Innovationen und Markttrends und bringt heute neben einigen Prestigeprodukten auch fruchtige Hugos und Spritz auf den Markt.
Contessa Ninni
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Zurück in Susegana
Zu Zeiten der Römer läge Susegana quasi am Wegesrand, denn die wichtige Via Claudia Augusta führte einst auf dem Weg vom bayrisch-schwäbischen Meringen nach Rom über die noch heute existierende Brücke über den Piave. |
Die Familie ist bis heute Besitzer der Burg und zahlreicher anderer Liegenschaften in der Region und bei der engen Bindung an Österreich verwundert es nicht, dass Gräfin Ninni Collalto, die uns ganz burschikos in Gummistiefeln begrüßt, perfekt Deutsch spricht. |
Einkehr bei Borgoluce
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Borgoluce mehr als Prosecco
Für sie steht in ihrem Weingut Borgoluce die Erhaltung der Natur im Vordergrund. Ein riesiges Areal, das sich auf rund 1300 Hektar von den Hügeln von Susegana zur Prärie von Santa Lucia di Piave erstreckt, geprägt durch Wald, Schlösser, Weingärten und Bauernhöfe. Der Weinbau hat bei den Collaltos schon immer eine wichtige Rolle gespielt und mit dem gleichnamigen Weingut zählt die Familie zu den größten Produzenten von Prosecco Superiore. |
Die Liebe zum Land, seiner Tradition und die Leidenschaft für Wein hat sieht man ihr an. Zusammen mit ihrer Familie hat sie eine Reihe hochwertiger Weine entwickelt, die aus eigenen Trauben aus den rund 65 Hektar großen Weinbergen auf der Sonnenseite der Hügel stammen, die zwischen 50 und 500 Metern über dem Meeresspiegel liegen. Das Klima dort ist mild und Niederschlag fällt reichlich, wenngleich der Hagel manchmal die Produktion verhagelt. |
Bei den Büffeln
(c) Michael Ritter
Zu Gast bei den Büffeln
Die Gummistiefel kann Contessa Ninni gut gebrauchen, denn als erstes führt sie uns zu ihren Büffeln. Wer glaubt Mozzarella di bufala gäbe es nur in Kampanien, sieht sich hier freudig eines besseren belehrt. Vielleicht gar nicht verkehrt, wenn man an die Schlagzeilen denkt, als Dioxin-Rückstände von den illegalen Giftmülldeponien und außerhalb der dortigen DOP erlaubte Panschereien mit Kuhmilch im kalabrischen Büffel-Mozzarella die Feinschmecker verunsicherten. Auch zeigte erst kürzlich eine Studie der Stiftung Warentest, dass nur einer der von dort kommenden Mozzarella aus Büffelmilch unbelastet von Keimen war. |
Wer es etwas anspruchsvoller möchte, dem bietet die einige Kilometer entfernte Osteria die erstklassige Küche von Küchenchef Jonnj Rui, der die Produkte des Bauernhofs nach der Saison zubereitet. So kann man zum Beispiel erstklassig den Unterschied zwischen Büffel und Rind schmecken: Büffel hat nur 1,5 Prozent Fett, verglichen zu 19 Prozent beim Rind und auch beim Cholesterin (40 Prozent) und den Kalorien (knapp die Hälfte) hat der Büffel die Nase vorne. |
Ein Ausflug nach Venedig?
Machen sie es den reichen Venezianern doch einfach nach: Mieten sie sich bei Contesssa Ninni oder in einem der Hotels, wie dem zentral gelegenen Best Western Canon D’Oro oder dem ruhig auf einem Hügel über der Stadt gelegenen Relais Le Betulle ein und besuchen Sie Venedig mit der Bahn, die Sie in weniger als einer Stunde für etwas mehr als 10 Euro ins Herz der Lagunenstadt transportiert. Ein Schnäppchen, da man in Venedig allein für den stadtnahen Parkplatz bis zu 30 Euro berappt. (c) Michael Ritter
(c) Connaisseur & Gourmet 2021