Thietmar von Merseburg und die Romanik
Merseburger Dom
THIETMAR VON MERSEBURG UND SEINE CHRONIK
Mehr als 1,5 Millionen Besucher lockt die Straße der Romanik jedes Jahr nach Sachsen-Anhalt. Der von Bischof Thietmar von Merseburg begonnene Merseburger Dom gehört dabei zu den markantesten Bauten der hochmittelalterlich geprägten Kulturlandschaft an Saale und Unstrut. |
Das malerische Dom-Schloss-Ensemble war der Lieblingsort einiger deutscher Kaiser und Könige. Anteil daran hatte sicherlich auch der einflussreiche Bischof, zu dessen 1000. Todestag jetzt eine Ausstellung öffnete, die noch bis zum 4. November 2018 zu sehen ist und die einen der Höhepunkte im Jubiläumsjahr „25 Jahre Straße der Romanik“ in Sachsen-Anhalt darstellt. |
Merseburger Zaubersprüche
EINE BILDREICHE SCHILDERUNG DER ZEIT
Bildreich versetzt er auch noch Jahrhunderte später die Leser zurück in seine Zeit. sowie bedeutende Personen. Für Historiker ist es ein Schatz von unermesslichem Wert. Das besondere an seinen Ausführungen ist die bildreiche Sprache. Durch sie fühlt sich der Leser in die Welt des Mittelalters zurückversetzt. Akribisch zeichnet er darin den Übergang von Slawen, Dänen, Polen, Böhmen und Ungarn zum Christentum auf und betonte dabei immer die Leistung der Ottonen von Otto I. bis und Heinrich II.. Während Otto I und Otto II schon vor seiner Geburt oder in seiner Kindheit starben, sah er dem 980 geborenen und schon dreijährig zum deutschen König gewählten Otto III sporadisch, während der Kontakt zum zwei Jahre älteren Heinrich II., der ihn 1009 zum Bischof von Merseburg ernannte, sehr viel enger war, der oft in Merseburg weilte. Ein Teil der Chronik des einflussreichen Herrschers, der im Bamberger Dom bestattet wurde und später vom Papst zusammen mit seiner Frau Kunigunde heiliggesprochen wurde, hat fast den Charakter einer Biografie. |
Auch für die Nachwelt ist Thietmars spannende Chronik, die durch Löschwasser beim alliierten Bombenangriff auf Dresden schwer gelitten hat, eine der wichtigsten Quellen zur Erforschung des Hohen Mittelalters. Sie ist jetzt zusammen mit anderen mittelalterlichen Zeugnissen im Merseburger Dom und der gegenüberliegenden Willi-Sitte-Galerie zu sehen. |
Merseburger Dom
MERSEBURGER SONDERAUSSTELLUNG ZU EHREN THIETMARS
Unter den insgesamt 125 Exponaten befinden sich eine Kaiserkrone, ein Elfenbeinring mit Jagddarstellung und ein wertvoller Weihwasserkübel aus dem Mailänder Dom, der als einer der 55 europäischen Leihgeber die Ausstellung erst möglich machte. In der heute zur Willi-Sitte-Galerie umgewandelten ehemaligen Domherrenkurie ist als Herzstück der Ausstellung das aus der Sächsischen Landesbibliothek ausgeliehene Original der zum Teil durch die Amerikaner zerstörten Chronik zu sehen. Dank Digitalisierung kann der Besucher auf einem Touchscreen-Monitor in der Chronik herumblättern. |
Manchmal wünschte man sich, unsere Politiker und Theologen würden Thietmar in seiner Selbstkritik folgen. |
Merseburger Taufbecken
SEHENSWERTER MERSEBURGER DOM
Doch auch außerhalb der Sonderausstellung ist der Merseburger Dom einen Besuch wert. Zauberhaft die Reste der um 1260 entstandenen Glasfenster über dem Westportal in der Vorhalle, die wie die meisten anderen Glasfenster des Doms bestens restauriert wurden, der monumentale Lettner und die schöne romanische Hallenkrypta. |
Es war ein politisches Statement, denn Heinrich IV. lag mit Papst und Kirche im Streit und hatte drei Jahre zuvor den Gang nach Canossa angetreten. Auch eine im Dom verwahrte mumifizierte Hand wird Rudolph zugeschrieben. |
Naumburger Dom
NAUMBURGER DOM - NEUES UNESCO WELTKULTURERBE
Rund 30 Kilometer südlich von Merseburg lockt Kulturfreunde im malerischen Weinbaugebiet Saale-Unstrut mit dem Naumburger Dom der neueste deutsche Zugang auf der Liste des UNESCO-Welterbes. Anfang Juli hatte das Zittern der Antragsteller ein Ende und der Dom wurde im zweiten Anlauf aufgenommen. Da war die Freude groß bei der ehemaligen Hamburger Kultursenatorin Karin von Welck, die gerade zur Dechantin der Vereinigten Domstifter und zur Vorsitzenden des Fördervereins Welterbe ernannte wurde. |
Mit seiner Wegbegleiterin Klara gründete er für die Frauen den Orden der Klarissinnen. Europaweit breitete sich diese Armutsbewegung aus, teils - wie bei den Waldensern - gegen den erbitterten Widerstand Roms. Bei der jungen Elisabeth, die den Ränken und dem Prunk auf der Wartburg schon früh kritisch gegenüber stand, fiel dies auf fruchtbaren Boden, standen aber im krassen Widerspruch zu ihren Pflichten als Landgräfin. Trotzdem intensivierte sie ihren Einsatz für Arme und Kranke mit Unterstützung ihres Mannes und ihres Beichtvaters Konrad von Marburg. Auch in den Glasfenstern des Doms wird der jung verstorbenen Heiligen gedacht. |
Naumburg
NAUMBURG EIN BESUCH DES BURGENLANDKREIS
Naumburg und die malerischen Weinorte in der Umgebung bieten sich auch als Standquartier für einen Besuch in der Weinbauregion an. Unweit des Doms hat kürzlich hinter einer alten Fassade der neugebaute Gasthof Zufriedenheit eröffnet, der mit seinen Zimmern und den angebotenen Speisen und Weine seinem Namen alle Ehre macht, jedoch mit Zimmerpreisen um 155 Euro auch das teuerste Haus am Ort ist. Günstiger und trotz der verkehrsreichen Ringstraße ebenfalls angenehm und empfehlenswert ist der renovierte Neubau der Alten Schmiede. |
Wer mit dem Auto anreist, sollte einen der wenigen Parkplätze dazu buchen, denn die nahen öffentlichen Parkplätze am Ring sind mit gut überwachten Parkuhren ausgerüstet. Ein wenig außerhalb liegt direkt an der Saale und dem sie begleitenden Radweg das Hotel Zur Henne in einem hübschen alten renovierten Industriebau. Fast im Weinberg wohnt man im Hotel zum Rebstock im Ortsteil Roßbach. Auch hier sind es nur wenige Meter zum Saale-Radweg. |
SANDRA FRÖLICH UND DER BREITENGRAD 51
Zwar bietet der Rebstock keine Küche an, doch wird man im Ort nicht verhungern. Winzerin Sandra Frölich vom Weingut Frölich-Hake bietet mit ihrem Gutsausschank neben den vorzüglichen Weinen auch kleine, weinbegleitende Speisen an. Vor 25 Jahren war die gelernte Journalistin Deutsche Weinkönigin und gründete etwas später mit ihrem Mann das kleine Weingut mit inzwischen 10 Hektar Weinbergen. Die Weine vermarktet sie neben dem beliebten und gemütlichen Gutsausschank ab Hof, über die Gastronomie der Region und den Fachhandel. |
Da an Saale und Unstrut keine spezielle Leitrebsorte im Mittelpunkt steht, können die Winzer experimentieren. Mit der Initiative „Breitengrad 51“ will Sandra Frölich zu einem Vorreiter in Sachen Qualität werden. Mit einheitlichem Qualitätsbewusstsein und permanenten Austausch ist man – wie diverse Jungwinzerverbände im Westen der Republik – stetig dabei sich weiterzuentwickeln. Inzwischen machen acht Weingüter mit, deren gemeinsames Ziel ist es, Wein zu schaffen, der die Spitze der Qualitätspyramide einnimmt und als kraftvoll-trockener Topwein des jeweiligen Sortiments aus typischen Rebsorten der alten Steillagen von Saale und Unstrut gekeltert wird. Das verlangte Minimum von 95° Oechsle dürfte dieses Jahr nicht schwer fallen, wenn der Wein einer strengen Prüfung unterzogen wird. |
FREYBURG UND ROTKÄPPCHEN
Sehr malerisch am Unstrut-Ufer liegt die kleine Stadt Freyburg. Der von der romanischen Neuenburg der Landgrafen von Thüringen beherrsche Ort ist Heimat eines der bemerkenswertesten Betriebe, die es schafften, eine DDR-Marke zu erhalten und auszubauen: Rotkäppchen. Einen nicht unerheblichen Anteil daran hatte Gunter Heise, der 1978 Technischer Leiter des volkseigenen Betriebs wurde. Während viele andere DDR-Betriebe unter der Treuhandanstalt abgewickelt wurden, schaffte es der inzwischen zum geschäftsführenden Gesellschafter aufgestiegene Heise, zusammen mit Harald Eckes-Chantré und einigen leitenden Rotkäppchen-Mitarbeitern, die Firma im Rahmen eines Management-Buy-outs zu privatisieren. Da Rotkäppchen die bekannteste Sektmarke der DDR war, trank man ihn anfangs im Westen nur zögerlich mit Dünkel. Das hat sich inzwischen geändert. Mit 39 Prozent Marktanteil ist Rotkäppchen Marktführer in Deutschland und hat mit diversen Zukäufen sein Angebot ausgeweitet. Auch wenn der Firmensitz inzwischen in Wiesbaden liegt, eine echte DDR-Erfolgsgeschichte. |
Der in Freyburg produzierte Sekt verwendet Trauben aus ganz Europa. Anders könnte man die über 113 Millionen Flaschen nicht produzieren. Doch es gibt auch heimische Trauben im Tal der Unstrut mit ihren terrassierten Weinbergen, die den Kellermeister reizen: fruchtiger Weissburgunder. Jahr für Jahr sucht er dabei Trauben für einen Rotkäppchen Saale-Unstrut-Sekt in klassischer Flaschengärung aus, die durch lange Reifezeit neben der Spritzigkeit mit ausgewogener Säure und harmonischem Bukett punkten. Streng limitiert ist der Premiumsekt nur vor Ort im eigenen Sektshop zu bekommen. Eine echte Rarität! Besonders gern sabriert man ihn Besuchern mit dem Säbel, wobei der geübte Sabreur nur wenig Sekt vergießt. Begründet hat diese Tradition im Jahr 1812 Kaiser Napoleon nachdem er in einer Schlacht des Russlandfeldzuges obsiegte. |
Schloss Moritzburg Zeitz
BESUCH IM LÄNDERDREIECK BEI ZEITZ
Während sich an Saale und Unstrut teils ein Weinberg an den anderen reiht, findet man auf der Fahrt nach Südosten in Richtung Zeitz keine einige Rebe. Die Stadt an der Weißen Elster hat es nicht einfach, denn viele junge Menschen verlassen die Stadt. An manchen Stellen erinnert es bei der Durchfahrt an Naumburg kurz nach der Wende: alte Kriegsschäden, mit Brettern verrammelte Häuser mit bröckelnden Fassaden, in deren verrotteten Winkeln sich kleine Bäume angesiedelt haben. Fast eine Location für einen Endzeitfilm. Über die Hälfte der Bewohner sind seit der Wende abgewandert oder gestorben. |
Für Spaziergänge durch die Themengärten mit großen Frühlings- und Sommerblumenbeeten, den Rossner-Park oder den verspielten Lustgarten hat man damit ein abwechslungsreiches Erholungsgebiet geschaffen. Darunter ein zauberhafter Japanischer Garten, der Raum für Ruhe und Entspannung bietet. Für Konzerte und Feste entstand eine Open-Air-Bühne am Johannisteich und ein Tiergehege macht den Park auch für junge Besucher attraktiv. |
DER ORT MIT DEM WITZ IM NAMEN
Ein wenig fühlte ich mich bei meinem ersten Besuch in Zeitz und Umgebung an Potemkin erinnert, den russischen Feldmarschall, der seiner Zarin Katharina eine Art Kulissen präsentierte, um Missstände zu verbergen. Damals war Würchwitz mein Ziel, wo ich für einen Artikel über den Würchwitzer Milbenkäse, einen Passagier der Slow Food Arche des Geschmacks recherchieren sollte. Gleich am Ortseingang hieß uns eine überdimensionale Milbe aus Carrara-Marmor auf einem drei Meter hohen Sockel willkommen. Die Würchwitzer Milbenkäse Manufaktur & Museum mussten wir suchen, denn das Navi versagte und von der Straße aus war dem Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäuden sein Inhalt nicht anzusehen. |
Wenn Humus ganz begeistert erzählt, das aus aller Welt Gourmets und Käse-Fans anreisen und sein Museum besuchen mit dem dort angesammelten wir Wissen und Geschichten rund um den lebendigsten Käse der Welt, kann es schon passieren, dass man an der über 500 Jahre alten Tradition zweifelt. Dass die Gründung ausgerechnet am 1. April erfolgte, tut sein Übriges und als Pöschel uns dann auch noch ein angeblich 200 Jahre altes Stück Milbenkäse zeigt („Der teuerste Käse der Welt“)kann ich die Fragezeichen auf der Stirn meines Fotografen deutlich sehen. Doch – sollten wir an Slow Food und den diversen namhaften Kollegen zweifeln, die schon darüber berichtet haben? |
Himmelsscheibe Nebra
GOSECK - LEBENDIGES MITTELALTER
Die Idee stammt natürlich von der Himmelsscheibe von Nebra, der vor 3.600 Jahren entstandenen weltweit ältesten bekannten Darstellung des Kosmos. Die runde Bronzescheibe in Größe einer LP zeigt Sonne, Mond und insgesamt 32 goldene Sterne. In sieben davon erkennen Astronomen die Plejaden. Später zugefügte en Horizontbögen und eine „Sonnenbarke“ runden den Fund ab, der 1999 bei einer Raubgrabung bei Nebra ans Tageslicht kam und 2002 nach einem krimireifen Scheinankauf in der Schweiz aufgedeckt wurde. |
Während das Original im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle ruht, hat man 2007 mit der Arche Nebra ein spannendes Besucherzentrum in der Nähe des Fundorts eröffnet, in dem multimedial und zum Anfassen Geschichte greifbar gemacht wird. Nicht verpassen sollte man dabei die alle halbe Stunden angebotene Planetariumsshow, die eine virtuelle Reise in die Bronzezeit ermöglicht. Im hübschen Waldschlösschen Wangen unterhalb der Arche kann man gut essen und in den renovierten 3-Sterne-Hotel auch gut übernachten. |
Goseck
Die Himmelsscheibe von Nebra
Hoch über dem Saaleradweg liegt Schloss Goseck. So zauberhaft es von unten ausschaut, das kleine Stück bergauf ist schweißtreibend und viele Radler freuen sich, dann in der Schlossschenke ein kühles Getränk und eventuell ein Essen vorgesetzt zu bekommen. |
Nach verschiedenen Adeligen ist das Schloss seit 1997 Eigentum einer Stiftung du Sitz des „Europäische Musik- und Kulturzentrum Schloss Goseck“. |
Die Neuenburg
ZU GAST AUS DER NEUENBURG
Mächtiger als Goseck ist das bereits erwähnte Schloss Neuenburg oberhalb von Freyburg, dessen Gebiet um 1100 durch die Heirat mit der Witwe des ermordeten Pfalzgrafen Friedrich III. von Goseck an Graf Ludwig dem Springer kam und auf dem er wenig später die machtvolle Anlage errichtete, die vom herrschaftlichen Anspruch ihrer Besitzer zeugt. Mit ihrem Aufsteige als Ludowinger wurden sie zu einem der mächtigsten Fürstengeschlechter im Hohen Mittelalter, die im Investiturstreit klare Position gegen die salischen Kaiser ergriffen. Wie viele andere Bauten verwahrloste auch die Neuenburg in DDR-Zeiten und ging erst 1997 in Eigentum der Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt über, die sich jetzt um deren Erhaltung kümmert. |
Nach einem eingeschossigen Saalbau wurde später ein dreischiffiges, zweijochiges Obergeschoss mit einer kleinen Fußbodenöffnung für den nötigen Hör- und Blickkontakt zur Kapelle im Untergeschoss aufgesetzt, über den das Landgrafenpaar am Gottesdienst in der unteren Leutekapelle beiwohnen konnte. Später wurde diese zur Zeit der Heiligen Elisabeth, die 1224/25 auf der Neuenburg weilte mit einem Kreuzgratgewölbe und einem Bündelpfeiler eleganter ausgestattet, sicherlich nicht im Sinn der wohltätigen Herrscherin. |
Memleben
MEMLEBEN STERBEORT DER OTTONEN
Idyllisch im Weinbaugebiet liegt am Unstrut-Radweg Kloster und Kaiserpfalz Memleben. Es war der Aufenthalts- und Sterbeort König Heinrichs I. und auch Kaiser Otto der Große starb an dem Ort des alten Bendiktinerklosters. Auch heute noch als Ruine ist es ein atemberaubendes, architektonisches Zeugnis mittelalterlicher Klosterbaukunst. Dank der Grabungen konnte der Grundriss der monumentalen Kirche aus dem 10. Jahrhundert rekonstruiert werden. Man hat sie durch eine Pflasterung sichtbar gemacht. Heute steht noch die Ruine der zweiten Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert mit ihrem malerischen Klostergarten. Die sehr gut erhaltene spätromanische Krypta übt auf die Besucher eine eigenartige spirituelle Anziehungskraft aus. Durch ihre Partnerschaft mit Anselm Grün singen dort im Rahmen des „Belebten Klosters“ gelegentlich Benediktiner ihre Psalmen und laden die Besucher zur Teilnahme an den Stundengebeten ein. |
Bis zum 15. Oktober 2018 ist die Ausstellung Wissen und Macht über den Heiligen Benedikt und die Ottonen zu sehen. Neben Benedikt ist darin auch der Mönch Heimerad sowie Kaiser Otto II. mit Gattin Theophanu vertreten. Die Ausstellung erzählt von der Ankunft des Benediktinerordens im Unstruttal und von den Impulsen für die Region. |
Uta im Naumburger Dom
(c) Connaisseur & Gourmet 2021