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Die Hübschlerin - Sinnliche Säure vom Doktorenhof

Die Hübschlerin vom Doktorenhof

(c) Doktorenhof

Es gab sie schon seit eh und je, im alten Griechenland hatten sie als Hetären, was so viel bedeutet wie Gefährtinnen eine gewisse soziale Anerkennung, die sie von den Huren unterschied, auch später im Mittelalter machte man einen Unterschied zwischen gewöhnlichen Prostituierten, die jeden Freier annehmen mussten und solchen, die sich ihre Kunden aussuchen konnten. Eine Hochzeit erlebte es später im Rom der Renaissance, wo der Klerus des Vatikans das Fehlen von Weiblichkeit in den eigenen Kreisen durch ein Kurtisanenwesen aufbesserte. Vor allem in Rom bestimmte diese Form der Prostitution den Ruf und das Erscheinungsbild der Stadt, wo neben klerikaler Prachtentfaltung die käufliche Liebe gang und gäbe.

Bei uns gab es schon im Mittelalter die "Hübschlerinnen", die sich unmissverständlich durch ihre Kleidung als Dirne kennzeichnen mussten. Dafür hatte jede Stadt ihre eigenen Regeln. Bei uns in Frankfurt trug die Hübschlerin einen gelben Saum. Fast immer warn es die sogenannten "Schandfarben" Gelb, Rot oder Grün, die "Hübschlerinnen" von "ehrbaren" Frauen unterschied, die sich - anders als heute - nicht herausputzen durften und Kleidung in gedeckten Farben und einen Schleier trugen. Oft war die Hübschlerin nachts in einem Freudenhaus tätig, wo sie für Geld Männer empfing. Rund ein bis drei Prozent der Frauen gingen im Mittelalter diesem Beruf nach.

Heute ist der Begriff fast vergessen. Das Gewerbe gibt es zwar noch immer, aber die Zeiten haben sich geändert. "Hübsch, adrett, gefühlvoll, käuflich, mondän, verschwiegen, geheimnisvoll, geliebt, verteufelt", das war es, was man mit der Hübschlerin verband und deshalb hat der Doktorenhof in Venningen in der Pfalz einen besonders eigenwilligen, pompösen und duftigen Aperitif- Essig diesen Namen verliehen. Auch die Hübschlerin vom Doktorenhof zeigt sich offen, duftig, mondän, zeitlos, frech, unkonventionell und sehr schön, sagt ihr Macher Georg Wiedemann. Der feine Essig ist passende Zutat für frische Cocktails, feine Longdrinks, zartes Eis und Sorbets, aber auch für exotischen Fisch und Meeresfrüchte, Fleischspeisen, Suppen, fruchtig-süßes Carpaccio ist der "deliciöse Essig" perfekt. Gekonnt erinnert er an die Zeit der Marketenderinnen. Dabei wird der feine, alte im Fass gereifte Grundessig mit Auszügen aus vollreifen Erdbeeren, frisch gepflücktem Mädesüß und duftenden Rosen vermählt, die der Hübschlerin Zartheit und Eleganz schenken.

Wiedemanns Manufaktur ist ein kleiner Familienbetrieb und hat sich nach langen Jahren im Weingeschäft, bei der Essig immer ein Nebenprodukt war, vor einigen Jahrzehnten, als Georg Wiedemann noch ein Teenager war, auf Essig spezialisiert. Essig gilt als einer der ältesten kulinarischen Begleiter der Menschheit und war schon früh unabdingbare Würze und Elixier zum Wohlbefinden. Die gallertartige Essigmutter ist dabei Grundlage jeden Essigs und wird von Wiedemann fast wie eine Heilige verehrt, da sie wohl schon seit Jahrhunderten Mitglied der Familie ist und ohne sie nichts ginge. Zusammen mit den allerbesten Grundweinen aus den eigenen Weinbergen, die der Doktorenhof nach den Regeln des ökologischen Anbaus anbaut, wird im Laufe der Zeit feinster Essig daraus. Auch bei den anderen Zutaten aus frischen und getrockneten Kräutern, Pflanzen und Früchten, die dem Essig den letzten Schliff geben, verzichtet Wiedemann bei der schonenden Verarbeitung auf jegliche Aroma- und Konservierungsstoffe.

Stolz lädt der Doktorenhof an der Weinstraße seine Besucher ein, ganz tief ein ins Mysterium saurer Kunst einzutauchen und eine Führung durch ihr Heiligste mitzumachen: die Essigstuben. In den kerzenbeleuchteten Räumen, gären umrahmt von gregorianischen Gesängen die Essige in alten Barriquefässern und reifen bis zu 15 Jahre lang. Wie Cognac und Whiskey weiß auch der Essig und sein Erzeuger, was sich gehört und spendet im Lauf der Zeit dem Essigkeller und seinen Besuchern einen wohltuenden „Anteil der Engel“.

Bei der Führung erfährt der Besucher Wichtiges, Historisches und Nützliches rund um die Philosophie der Manufaktur, die Essige gerade so und nicht anders zu bereiten. Viele Gäste nutzen die abschließende Verkostung von fünf verschiedenen Edelessigen, bei der sie in die Kunst des Essigtrinkens eingeführt werden und die Geschmacksvielfalt der verschiedener Kreationen - wie der Hübschlerin - kennenlernen, um sich anschließend mit den edlen Essenzen einzudecken und selbstgebackenes Essiggebäck, sinnlich-verführerische Essigpralinen und Essigbrot mit nach Hause zu nehmen.

Ähnlich wie beim Wein ist die Essigverkostung für Freunde der feinen Küche eine raffinierte Erforschung der Geschmacksmöglichkeiten. Für den Doktorenhof ist Essig mit seinen verschwenderischen Aromen seit jeher ein mystisches Elixier der Sinne und des Gaumens. In der wunderschönen Pfalz gelegen, hat sich der Doktorenhof mit den Jahren zu einem kleinen Refugium um den leicht „säuerlichen“ Balsam, seiner Mystik und Tradition entwickelt. Wer schon einmal in Modena war und gesehen hat, wie dort der Balsamico zelebriert wird, wundert sich nicht über die Galerie mit Ihnen kostbaren Essige in edlen Gewändern, die alle in Handarbeit entstehen, klangvolle Namen wie Hübschlerin, Casanova oder Engel küssen die Nacht tragen und ebenfalls von Hand auf grazile Glasflaschen und Flakons gezogen wurden, die nach eigenen Entwürfen in mühevoller Handarbeit von Glasbläsern entstanden. Übrigens, Georg Wiedemann sieht seinen edlen Essig nicht nur als eine Verfeinerung der Gerichte. Auch als Aperitif, Digestiv oder während des Essens sind seine Essigessenzen ein wahrer Genuss, denn sein wichtigstes Bestreben ist es, einen Essig zu kreieren, den man trinken kann. Mit Erfolg, denn auch Spitzenrestaurants sind von den Essigen des Doktorenhofs c begeistert und verwenden sie als eine willkommene Bereicherung ihrer feinen Sterneküche. (c) Nilgün Burgucu

Bezugsquelle: https://doktorenhof.de/

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