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Das Château de Sales im Pomerol

Chateau de Sales

(c) Chateau de Sales

Pomerol

Pomerol

Das Pomerol gehört zu den namhaftesten Weinbaugebieten des Bordelais. Rund 40 Kilometer östlich von Bordeaux liegt es am nördlichen Ufer der Dordogne beim Örtchen Libourne. Auch wer sich nicht mit Spitzenweinen auskennt hat meist schon einmal etwas vom wohl berühmtesten Weingut des Pomerol gehört: dem Château Pétrus. Die kleine Steinfigur des namensgebenden Apostels steht am Eingang. Wer ein Schloss erwartet, wird enttäuscht, denn das Weingut wirkt mehr wie ein in die Jahre gekommener Kleinbetrieb. Doch die Familie Moueix, der dieses und einige andere Weingüter in der Region gehören, legt mehr Wert auf innere Werte und kann auch so die Weine des Châteaus zu Preisen im mittleren vierstelligen Preissegment auf den Markt absetzen.

Chateau de Sales

(c) Chateau de Sales

Das Pomerol

Die Appellation Pomerol war 1936 einer der Pioniere beim Erwerb des AOC-Status. Wie kein anderes der kleineren und größeren Weinbaugebiete im Bordelais setzt man dort mit einem Anteil von 80 Prozent auf Merlot, der bei einigen der Weine, wie in manchen Jahren beim Chateau Pétrus, reinsortig abgefüllt wird. Der Rest ist meist Cabernet Franc. Weißweinreben sucht man hier vergebens.

Mit dem hohen Anteil an Merlot unterscheiden sich die Weine recht deutlich von anderen großen Weinen des Bordelais, zum Beispiel aus den berühmten Weinbaugebieten des Médoc, die sich entlang des Südufers der Gironde nördlich von Bordeaux wie Perlen an einer Kette reihen. Dort dominiert Cabernet Sauvignon. Während der Merlot die Weine aus Pomerol sanfter macht, lässt der hohe Anteil an Cabernet Sauvignon die Weine des Médoc erst deutlich später zugänglich werden.

Mit rund 800 Hektar bestockter Fläche ist Pomerol das Kleinste der Spitzenweinbaugebiete des Bordelais und hat etwa die Größe der Weinbauregion Saale-Unstrut. Wie das südlich anschließende deutlich größere Saint-Émilion, mit dem zusammen es das Kerngebiet des „Rechten Ufers“ von Gironde und Dordogne bildet, steigt es vom Ufer der Dordogne zu einem Plateau an, das auf mit Lehmschichten durchzogenen Kies die besten Weine hervorbringt.

Rund 140 kleine Winzer mit einer durchschnittlichen Rebfläche von 6 Hektar produzieren jährlich rund 35.000 Hektoliter Wein. Wer durch die Bezeichnung Château bei einer Reise durchs Bordelais jede Menge Schlösser und Burgen erwartet, wird zwar nicht enttäuscht, denn einige der Weingüter sind beeindruckende Schlösser und herrschaftliche Ansitze, aber im Allgemeinen verbirgt sich hinter dem Château ein ebenso bescheidenes Anwesen bei beim Château Pétrus.

Chateau de Sales

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Das Château de Sale

Nicht so bei Château de Sale, dass als größtes Weingut des Pomerol auf eine lange Geschichte zurückblicken kann und – anders als zahlreiche andere Weingüter in dem renommierten Weinbaugebiet – seit dem ausgehenden Hundertjährigen Krieg, als Mitte des 15. Jahrhunderts die Engländer endgültig aus Frankreich vertrieben waren und Bertrand de Sauvanelle das Anwesen von den Dominikanern von Saint-Emilion erwarb, nach wie vor im Besitz seiner Nachfahren befindet, die heute den Namen de Lambert tragen. Auf gut 550 Jahre Familiengeschichte können nur wenige andere Winzerfamilien zurückblicken.

Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatten die Brüder de Sauvanelle als Seigneurs de Sales großen Erfolg mit dem Weinbau und exportierten Wein nach Spanien, aus dessen Erträgen man in der Mitte des Jahrhunderts ein repräsentatives Schloss im imposanten Louis Treiz-Stil errichten konnte. Die Jahre der Französischen Revolution gingen nicht spurlos am Schloss und seinen Bewohnern vorbei und als die Familie es nach Einkerkerung und Beschlagnahmung durch den Staat zurückerwarb hatten nur zwei Stühle ihres einstigen Besitzes die Revolutionsjahre überlebt.

Mitte des vergangenen Jahrhunderts heiratete der französische Offizier Henri de Lambert Marguerite de Folin, eine Nachfahrin der Sauvanelles, übernahm den Betrieb von deren Großvater, modernisierte ihn mit Hilfen aus dem Marshall Plan, weitete die Rebfläche auf ihre heutige Größe aus und wurde zur Galionsfigur des Pomerol, der den französischen Wein als Präsident verschiedener regionaler und nationaler Winzerverbände seinen Stempel aufdrückte. 1982 übernahm sein Sohn Bruno das Weingut und baute den Weintourismus aus. Als er 2017 starb übernahmen seine 14 Kinder und Neffen das Weingut und wählten mit Marine Treppoz eine der ihren als Vorsitzende während man die Leitung in die Hände von Vincent Montigaud legte, der nicht nur journalistisch und als PR-Chef sondern auch als Generaldirektor seines Languedoc-Weinguts Domaine de Baronarques lange Jahre Erfahrung bei Baron Philippe de Rothschild sammeln konnte.

Erstmals traf ich mit Gonzague de Lambert ein Mitglied der Besitzerfamilie bei einer Reise durch die chilenischen Weinbauregionen, wo er für den norwegischen Milliardär Alex Vik im Cachapoal-Tal die Weinherstellung und kaufmännische Leitung von dessen Weingut Viña Vik übernommen hat. Vik war in der Dotcom-Blase als Investmentbanker in New York zu einem Vermögen gekommen. Vor Viña Vik hatte ich Aurelio Montes im Apalta-Tal besucht. Montes schwärmte von dem Tal mit den hohen Weinbergen, das übersetzt „armer Boden“ bedeutet. Die Reben müssen sich dort ans Grundwasser herankämpfen. Einige Parzellen hat er dafür extrem dicht bepflanzt, um den Wasserstress noch zu erhöhen und hält das kleine Apalta-Tal für das beste Rotwein-Terroir Chiles. Viele geben ihm recht.

Nur ein paar Kilometer sind es über den Bergrücken zu Viña Vik im Cachapoal-Tal. Vik war dort 2006 auf der Suche nach perfekten Bedingungen fündig geworden und hatte 4.300 Hektar Land erworben, um seine Idee vom ganzheitlichen Weinbau zu verwirklichen. Mit einem internationalen Team unter Gonzague de Lambert und Menschen der Region pflanzte er Weinberge mit großer Dichte. Sechs Jahre später konnte ich mit dem Vik 2009 den ersten Wein verkosten, eine Cuvée aus Carmenère und Cabernet Sauvignon, die schöne Beerenfrucht und eine elegante Holznote mit reifen, runden Tanninen zeigte. Durchaus ein Stil, der sich an seiner französischen Heimat im Bordelais orientierte. Seit vier Jahren ist Gonzague wieder zurück im Bordelais und hat im benachbarten Saint-Emilion die Leitung des Chateau de Ferrand, eines Weinguts, das in den letzten Jahren nach einer gründlichen Erneuerung zu den vielversprechendsten Weingütern der Appellation gehört.

Doch zurück zum Château de Sales. Das seit Jahrhunderten von Generation zu Generation von Frauen weitergegebene Weingut beeindruckt den Besucher nicht nur durch seine 1996 in die Klasse der „Monuments historique“ erhobene Architektur aus dem 17. Jahrhundert, sondern auch seine schon erwähnte beeindruckende Größe von 90 Hektar Land, auf dessen guter Hälfte Rebstöcke wachsen. 73% davon sind Merlot, der Rest verteilt sich ungefähr je zur Hälfte auf Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Die Weinberge werden traditionell und umwelt-freundlich bestellt. Die Trauben werden im Weingut sortiert, sorgfältig abgebeert, leicht eingedrückt und wandern dann zur temperaturkontrollierten Gärung in Betonfässer gefüllt und mazerieren dann für etwa drei Wochen. Nach der Milchsäuregärung wird der Most verkostet, um zu entscheiden welcher gut für den Erstwein Chateau de Sales, der dann für 12 Monate in kleinen Holzfässern reift, von denen jedes Jahr 15 bis 20 Prozent erneuert werden. Der Rest wandert in den Zweitwein Chateau Chantalouette, von dem nur ein Teil in Eichenfässern reift. 18 Monate nach der Lese werden die Weine dann abgefüllt. Während vom Chateau de Sales zwischen 120.000 und 150.000 abgefüllt werden, ist es vom Chateau Chantalouette gut die Hälfte.

Der Wein vom Chateau de Sales ist fruchtbetont, geschmeidig und zeigt am Gaumen eine gute Struktur. Geschmacklich erntet man das volles Waldbeeren-Bouquet. Der Körper ist kraftvoll und zeigt ausgewogene Tannine. Im Glas entfaltet er sein elegantes Aroma und beeindruckt durch beachtliche und langanhaltende Fülle. Dabei sind sie mit einem Preis um die 35 Euro pro Flasche alles andere als teuer. Der Zweitwein Chateau Chantalouette ist rund 5 Euro günstiger.

Wer selbst die schöne Weinregion bereist, wird feststellen, dass viele der namhaften Weingüter nicht auf Besucher eingestellt sind – und vermutlich auch nicht wirklich darauf angewiesen sind. Château de Sales ist auch da eine Ausnahme, denn als „Monument historique“ zeigt man Besuchern das prächtige Weingut auch gerne auf geführten Touren.

© Michael Ritter







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