Auf Weinreise im Roussillon
Dorf im Roussillon
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Weinbaugebiete und Weine des Roussillon
Irgendwie spürt man beim Besuch, dass die Region zwischen den Welten liegt. Im vergangenen Jahr hatte man Perpignan, die Hauptstadt des südfranzösischen Departements Pyrénées-Orientales zur European City of Wine erkoren. Das charmante Städtchen eignet sich für viele Besucher ideal als Standquartier für die Erkundung der vielfältigen kleinen Weinbaugebiete ringsum und atmet noch den Geist des historischen Okzitaniens, das sich einst von Spanien bis hin nach Italien über den Süden Frankreichs erstreckte. 2016 lebte diese die alte Region im Rahmen der Verwaltungsreform neu auf, indem man sie zur neuen von Toulouse aus geleiteten Verwaltungsregion machte, die aus den ehemaligen Regionen Languedoc-Roussillon und Midi-Pyrénées besteht. Mit altem neuem Namen – aber im deutlich reduzierten Umfang. |
In den vergangenen Jahrhunderten machten die Rebflächen je nach politischen, ökonomischen Gründen oder durch Rebkrankheiten eine Achterbahnfahrt. Waren es 1741 nur 9.000 ha, so sollte sich die Fläche in den kommenden anderthalb Jahrhunderten mehr als verachtfachten. Als dann die Eisenbahn Rivesaltes erreichte, stand eigentlich dem weiteren Ausbau des Weinbaus im sonnigen Süden nichts mehr im Wege. |
Collioure
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Die Geographie der Region
Mit gerade einmal zwei Prozent der nationalen Produktion landet Pyrénées Orientales mengenmäßig weit abgeschlagen auf dem neunten Platz der Departments. Doch bei den natürlichen Süßweinen zeigt sich ein anderes Bild: neun von zehn Flaschen der aus den AOPs der Vins Doux Naturels stammenden Weine Frankreichs stammen von hier. Daneben sind es eine breite Palette trockener Stillweine von weiß über rosa bis rot. Das Angebot der Weine aus 15 verschiedenen Rebsorten, die in den 13 AOPs gedeihen überzeugen durch ihre beeindruckende Vielfalt. |
Während die „Crest“ genannten Böden der unteren und mittleren Terrassen meist recht steinig sind, da Mineralien und Ton ausgewaschen wurde und sich die feuchte tonhaltige Schicht in der Tiefe unter der Steinschicht befindet, haben die Böden der oberen Terrassen nur eine geringere Tiefe. Dort brauchen die Wurzeln der Reben nicht durch in Zersetzung befindlichen Kiesel in tiefere Schichten vorzudringen. Oben herrscht eine sandige und steinige Textur vor, in der nur sehr wenig Wasser gespeichert wird. Das ist schlecht für die vegetative Entwicklung der Weinreben, aber gut für die Qualität. Daneben sind es die aus Trümmern des Pliozäns gebildeten waldreichen „Aspres“, ein vorgelagertes mediterranes Mittelgebirge, das für sehr vielseitige Böden sorgt. Sie sind zwar ziemlich grob, können aber ausreichen Wasser speichern. |
Collioure
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Die Terrassen der Weinbaugebiete
Auf Terrassen liegen die Weinberge von Collioure und Banyuls. Der Felsuntergrund besteht aus kambrischem Schiefer. Schluchten und Hügel wechseln sich ab und die Weingärten liegen auf schmalen Terrassen auf Felsen und sauren, kargen Böden. Der hier im heißen sehr sonnigen Klima angepflanzte Grenache sorgt bei den Weinen für einen außergewöhnlichen Ausdruck. Der französische Bildhauer und Maler Aristide Maillol, der in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Antipoden Rodins wurde stammt aus einer Weinbauernfamilie im Fischerstädtchen Banyuls und als ich die Domaine Berta-Maillol vor Jahren besuchte, saß dort sein schon betagter Patron Yvon Berta vor dem Weingut, dessen Kinder inzwischen die operativen Geschäfte übernommen hatten. Der Großneffe Aristide Maillols erinnerte mit seinem beeindruckenden weißen Vollbart an den großen Künstler.
Demijohn
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Die Schiefer von Maury
Meist sind es verwitterte Schieferböden, die entlang des Agly den Boden formen. Dort liegt das Weingebiet von Maury mit seinen steilen Hügeln, an denen hauptsächlich Grenache Noir für rote Süßweine und kräftige Rotweine wächst. Weiter oben sind es Granit und nicht verwitterter Schiefer, der den Weinen ihren besonderen Charakter verleiht. |
Rund 2.500 Stunden Sonnenschein im Jahr sorgen für eine mit 15 Grad ausgesprochen hohe Durchschnittstemperatur, die zweieinhalb Grad höher ist als im nahen Bordeaux und fast fünf Grad höher als im Rheingau. Die Reben nehmen sie gerne an. Wie überall im Midi haben auch die Winde ihre Namen, je nachdem aus welcher Richtung sie wehen. Ist es vom Nordwesten der kalte, trockene Tramontane, so kommt von Spanien her ein warmer trockener Wind und aus Südosten der warm-feuchte Marinade. Feuchtigkeit kann sich dank der vorherrschenden Trockenheit nicht lange halten – ein guter natürlicher Schutz gegen Pilzkrankheiten. |
Alte Steinbrücke
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Die Weinbergbearbeitung
Hatte man in der Hochphase des Weinbaus jedes kleine Stückchen Erde dafür genutzt, so sind es inzwischen meist die Hänge, die sehr viel qualitativere Weine hervorbringen. Auf kargen Hochebenen, trockenen Terrassen und Hügel dominiert er mancherorts die mediterrane Landschaft. Seit den frühen Zeiten hat sich hier oft nicht viel an der Erziehungsform geändert. Es ist die vielerorts rund ums Mittelmeer Erziehungsform des Gobelet, die Buscherziehung, die vorherrscht, bei der der kurze Rebschnitte nahe am Boden den alten Rebstöcken die Möglichkeit gibt, sich gegen den kräftigen Tramontane-Wind zu stämmen. Hatte man früher wenig Sorgfalt auf Ausrichtung und Abstand verwendet, so hat sich das seit den Neupflanzungen im vergangenen Jahrhundert geändert, um die Weinberge auch mit Pferd oder Maultier oder später mit dem Traktor bearbeiten zu können. |
Eng stehen die Reben nicht. Ein Abstand von gut zwei Metern ermöglicht nur eine Pflanzdichte von bis zu 4.000 Stöcken pro Hektar. In neuerer Zeit findet man zunehmend auch eine höhere Pflanzdichte mit Spalieranbau an Drahtrahmen. Überhaupt sorgt die immer größere Kenntnis über den optimalen Weinbau bei den jungen Winzern zu einer noch intensiveren Pflege der Reben im Weinberg, wo in der Grünphase die Triebspitzen gekappt, die Reiser hochgebunden, die Blätter gelichtet und die Trauben frühzeitig ausgedünnt werden. Diese Sorgfalt setzt sich bei der Lese durch eine strenge Auswahl der Parzellen fort, um bei den Weinen die bestmöglichen Cuvées zu erzeugen. |
Küstenörtchen
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Nachhaltiges Roussillon
Es sind die Lehren des biologischen Weinbaus, die hier oft Berücksichtigung finden, wenn die Winzer sich mit geringeren Erträgen, gemäßigtem Wuchs und einer kargen Umgebung zufriedengeben. So kann man Parasiten verhindern, die Landschaft, Umwelt und Natur schützen. Oft findet man Winzer, die diesen umweltschonenden Anbau praktizieren und ihre Anzahl nimmt von Jahr zu Jahr ab. Der Verzicht auf Chemie verbessert die Böden, während die moderne Technik dabei hilft, Risiken durch Parasiten schnell zu erkennen und so nachhaltig wie möglich dagegen vorzugehen. Der Ertrag ist durch das extrem-warme Klima und die kargen Böden ohnehin auf rund 35 Hektoliter pro Hektar begrenzt, was fast halb so hoch ist wie der Durchschnittsertrag in Frankreich oder ein Drittel der Erträge in Deutschland.
Im Hintergrund die Pyrenäen
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Die Rebsorten
Mancher Winzer sagt, dass die Reben die Farbe der Böden widerspiegeln sollen, um seinen Charakter zu zeigen. Die Palette der möglichen Rebsorten ist für ein relativ kleines Gebiet recht groß. Bei den weißen Rebsorten sind es Grenache Blanc, Macabeu, Malvoisie du Roussillon, Muscat à Petits Grains, Muscat d’Alexandrie, Marsanne, Roussane und Vermentino, bei den roten Rebsorten Carignan Noir, Grenache Noir, Lladoner pelut, Mourvèdre, Syrah und Cinsault und für die Rosés Grenache Gris. |
Viele der weißen Rebsorten findet man in den Vins Doux Naturels wieder, obwohl auch der Grenache Noir dort großartige Weine ermöglicht. Auch der Carignan, den man mit alten Reben an manchen Stellen im Mittelmeerraum findet, liefert oft exzellente Weine, die es mit dem Grenache aufnehmen können. Für die IGPs sind auch mehr internationale französische Rebsorten wie Chardonnay, Merlot, Cabernet Sauvignon, Sauvignon Blanc und Viognier erlaubt. |
Perpignan
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Die Vins Doux Naturels
Auf rund 40 Prozent der Gesamtrebfläche des Roussillon bauen die Winzer die Reben für die natürlichen Süßweine an, bei denen der Ertrag mit knapp 24 hl pro Hektar noch einmal um ein Drittel unter dem ohnehin niedrigen Durchschnittsertrag des Roussillon liegt. Die restlichen 60 Prozent Rebfläche teilen sich je zur Hälfe die AOCs und die Land- und Tafelweine. |
Ausgebaut werden die Vins Doux Naturels entweder reduktiv unter Luftabschluss in Fässern und früh gefüllten Flaschen oder oxydativ mit jahrelanger Luftzufuhr in teilweise gefüllten Fässern oder Tanks oder den großen Demijohns genannten Glasballons und Holzfässern, die man in manchen Weingütern im Hof stehen sieht. |
Im Roussillon
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Besuch bei den Winzern
Wir beginnen unsere Weintour in dem kleinen Fischerort Coilloure, nur rund 20 Kilometer von der spanischen Grenze entfernt. Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts zog das kleine verschlafene Städtchen Künstler aus Paris magisch an. Henri Matisse und der zehn Jahre jüngere André Derain entdeckten den Ort für sich und teilweise zog es auch Maurice de Vlaminck ans Mittelmeer. Für alle drei wurde der Aufenthalt zum wichtigen Wendepunkt ihres Schaffens, denn sie entwickelten in der Zusammenarbeit einen Stil, der als Fauvismus in die Kunstgeschichte einging, die Klassische Moderne einläutete und bei dem Salon in Paris anfangs für Empörung sorgte. Der Begriff stammt vom Wort fauves für „wilde Bestien“, mit dem ein Pariser Kunstkritiker die Arbeiten verglich. Seine Wurzeln liegen im Impressionismus, dessen Flüchtigkeit die Künstler mehr Dauer verleihen wollten und ihn mit ihrer Sicht an den Expressionismus heranführten. Fasziniert hatte die Künstler die Abenddämmerung über Collioure, die farblich einen eigenen Zauber entwickelt. Statt dem mediterranen Rot der Orte weiter im Norden, dominierte hier Grün, Blau und Purpur, die die Landschaft dort, wo das Vorgebirge der Pyrenäen mächtig und steil aufragt und so das Abendrot aussperrt, in eine ganz eigene, subjektive Farbe taucht. Cotê Vermeille – Purpurküste – nennt man diesen südwestlichsten Abschnitt der französischen Mittelmeerküste. Die Touristiker haben sich den Geburtsort des Fauve zunutze gemacht und in dem einst von den Griechen gegründeten Ort 19 stählerne Bilderrahmen entlang des Chemin de Fauvisme an den Stellen aufgestellt, an denen die Künstler einst ihre Staffeleien platziert hatten und durch die man die Stellen der Stadt betrachten kann, die damals von Meisterhand gemalt in den wichtigsten Museen der Welt an Collioure erinnern. Auch Braque, Gris, Dufy und Picasso kamen später nach Collioure, um dort zu arbeiten. |
Mit ihren 14 Hektar alten Weinbergen zwischen Banyuls und Collioure ist die 1982 gegründete Domaine de la Tour Vieille für die winzigen Parzellen auf den Terrassen recht groß. Vincent Cantié hat die alten und zum Teil schwindelerregend steilen Schieferterrassen oberhalb der Küste mit ihren Trockenmauern gepflegt und achtet auf naturnahe Produktion ohne Herbizide, ohne dies zertifizieren zu lassen. Wie in alten Zeiten arbeitet man dort noch mit dem Pferdepflug bearbeitet. Die Weine des Weinguts sind günstig aber gut und lassen neben der Sonne auch die salzige Kühle des Meeres schmecken. Natürlich werden die Trauben handgelesen. Der oxydativ ausgebaute Banyuls Reserva aus 80 % schwarzem Grenache, 15 % Grenache Gris und 5 % Carignan bringt 16 Volumen-Prozent Alkohol und passt mit seinen würzigen Noten von Pflaume, trockenen Früchten, Schokolade, Zimt und Mokka gut zu Roquefort, aber auch zu Schokoladendesserts. Ein Teil der traditionellen Cuvée lagert nach der 24-tägigen Maischegärung im Hof in den Demijohns genannten Glasballons, der Rest bis zu fünf Jahre im Holzfass. |
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