Keine Frage. Fisch ist bei uns beliebt, wie nie zuvor. Rund 1,15 Millionen Tonnen konsumierten die Deutschen laut FischInformationszentrum (FIZ) allein im vergangenen Jahr. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen dabei Zuchtfische wie Lachs und Forelle. Fisch gilt für die Verbraucher als gesund, doch bei näherem Hinsehen haben es Fische aus konventioneller Aquakultur in sich, wie Stichproben bei einer Laboruntersuchung im Auftrag von Greenpeace zeigten. Ein Großteil der dabei untersuchten Fische wies bedenkliche Mengen an Ethoxyquin auf.
Ethoxyquin ist eine Chemikalie, die früher von Monsanto als Alterungsschutzmittel für Gummi auf den Markt gebracht wurde und seit den 1960er Jahren auch als Futtermittel-Konservierung und als Pflanzenschutzmittel verwendet wurde. Seit 2011 gilt ein EU- weites Verbot für den Einsatz als Pflanzenschutz. Nach wie vor wird Ethoxyquin jedoch Tierfutter wie Fischmehl beigemischt, um dieses haltbar und transportabel zu machen. Das Fischmehl dient hauptsächlich in konventionellen Fischzuchten, sogenannten Aquakulturen, als Futter. So landet Ethoxyquin in Speisefisch, dann in Supermärkten und schließlich auf den Tellern der Verbraucher.
Wirkung unbekannt
Da die Bewertung des Wirkstoffes zu einer Reihe von Bedenken führte, widerrief die EU im Jahr 2011 die Zulassung von Ethoxyquin enthaltenden Pflanzenschutzmitteln. Für zahlreiche Nahrungsmittel wie Fleisch oder Gemüse wurden maximal zulässige Höchstmengen festgelegt. Jene für Fleisch liegt bei 50 Mikrogramm pro Kilogramm. Für Fisch gibt es jedoch bis heute keinen Grenzwert.
Welche Wirkung Ethoxyquin auf Mensch und Umwelt hat, dazu fehlen bisher ausführliche Daten und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat bis heute kein abschließendes Urteil zur Toxizität von Ethoxyquin gefällt. Einzelne wissenschaftliche Arbeiten und Studien lassen aber vermuten, dass Ethoxyquin die Erbsubstanz schädigen, den Leberstoffwechsel verändern und krebserregend sein kann. In Tierversuchen wurden Nierenfunktionsschäden, Schilddrüsenunterfunktionen, Störungen der Reproduktion und DNA-Schädigungen festgestellt, wie eine Expertise des Toxikologen Prof. Dr. Edmund Maser von der Universität Kiel belegt.
Wie Ethoxyquin in den Zuchtfisch gelangt
Anders als Wildfisch, muss Zuchtfisch gefüttert werden. Das geschieht mittels Fischmehl oder -öl und darin steckt meist auch Ethoxyquin. Aber wie kommt es dort hinein?
Einer der größten Fischmehl-Hersteller sitzt in Peru. Bis zu fünf Millionen Tonnen Fisch werden hier an der Küste Südamerikas gefangen. Dazu jagen Fangschiffe hauptsächlich vor der Westküste Südamerikas riesige Mengen Sardellen, die in Fabriken zermahlen und zu Fischmehl oder Fischöl verarbeitet werden. Bis zu fünf Kilogramm fünf Kilogramm Frischfisch wird benötigt, um Frischfisch wird benötigt, um ein Kilogramm Fischmehl erzustellen.
Fischmehl-Produzenten, wie in Peru, verteilen das Fischmehl in der ganzen Welt. Mehr als die Hälfte wird in Fisch-Aquakulturen eingesetzt, ein weiterer Teil landet in der Tiermast an Land. |
Die Verteilung erfolgt über Händler, wie etwa de Firma Köster Marine Proteins mit Sitz in Bremen und Hamburg, Europas größten Fischmehl-Händler. Von dort aus geht das Fischmehl beispielsweise zu Lachs-Aquakulturen in Norwegen oder Fischzuchten in Mittelmeerländern. Bis zu 15.000 Kilometer kann das Fischmehl auf der Reise zu seinem Bestimmungsort zurücklegen.
Um es für den Transport haltbar zu machen und um zu verhindern, dass es sich selbst entzündet, wird die chemische Substanz Ethoxyquin zugesetzt. Bis zu 150 Milligramm pro Kilogramm Fischmehl dürfen völlig legal enthalten sein. Dieses Verfahren ist kostengünstiger als ein Kühltransporter, der genauso für Haltbarkeit und Brandschutz sorgen würde.
Fische in konventionellen Aquakulturen fristen ein ziemlich tristes Dasein, eingepfercht mit hunderten Artgenossen schwimmen sie im ewigen Kreis der Gehege. Ein regelmäßiger Futterregen sorgt für eine unnatürlich schnelle Gewichtszunahme. Fischpellets, aus einer Mischung aus Fischmehl und -öl, Soja- und Maisproteinen sowie Weizen, Bohnen und anderem Gemüse plus diversen Zusatzstoffen wie beispielsweise Antibiotika oder Herbizide gelangen mittels Futterautomat ins Gehege. Diese Zusatzstoffe können sich im Fisch anreichern und dadurch auf den Tellern der Verbraucher landen.
Labortests: Ethoxyquin im Fisch
Greenpeace hat Ende des Jahres 2016 insgesamt 54 Fischprodukte im Labor auf Ethoxyquin untersuchen lassen. Die Stichproben, darunter Lachs, Forelle, Dorade und Wolfsbarsch stammen aus den bekannten deutschen Supermärkten Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Famila, Kaufland, Lidl, Marktkauf, Netto, Penny, Real und Rewe sowie aus Biomärkten. Untersucht wurden Tiefkühlfisch sowie geräucherter und frischer Fisch aus Aquakulturen, Bio-Aquakulturen und Wildfängen.
Die Ergebnisse hätten erschreckender kaum sein können: Alle 38 Speisefische aus konventionellen Aquakulturen enthielten Ethoxyquin. In 32 Proben, also mehr als 80 Prozent der untersuchten Aquakultur-Fische lag die Ethoxyquin-Belastung über der gesetzlich erlaubten Höchstmenge für Fleisch von 50 Mikrogramm pro Kilogramm. Die höchste Ethoxyquin-Belastung wies ein Lachsprodukt aus norwegischer Aquakultur auf, der den für Fleisch existierenden Grenzwert um mehr als das 17-fache überschritt. Das wäre vermeidbar. Obwohl lange bekannt, unternehmen die großen Supermärkte und Discounter nichts, damit der Gebrauch der als Pflanzenschutzmittel längst verbotenen Chemikalie auch für Fischprodukte untersagt wird.
Aber sogar in Fischprodukten, die aus Bio-Aquakultur stammen, wurde Ethoxyquin in geringen Mengen nachgewiesen, obwohl es in der Regel nicht im Futter vorhanden ist, das für die Bio-Zucht eingesetzt wird. Es kann jedoch in anderen Stoffen vorkommen, die bei der Zucht zugesetzt werden. Nur in einer Bio-Lachs-Probe aus Norwegen wurden erhöhte Ethoxyquin-Werte gefunden - eine ungewöhnliche Ausnahme, über deren Gründe sich nur spekulieren lässt. So kann es hier etwa zu einer falschen Etikettierung oder Vermengung von Futter gekommen sein.
Unser Tipp: Wildlachs ist im Gegensatz zu Lachs aus Aquakultur in der Regel frei von Ethoxyquin, da er nicht gefüttert wird. Das bewiesen auch die Laborproben. Welche Fische ökologisch vertretbar sind, zeigt der Greenpeace Fischratgeber.
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