Das Kranzbach - Wellness am Wettersteinmassiv

Das Kranzbach
(c) Michael Ritter
Zu Gast am Wettersteinmassiv
Ist der Weg das Ziel? Manchmal glaubt man es fast, wenn man mit der Bahn entspannt seinem Ziel entgegenrollt, durch Wälder und blühende Wiesen, vorbei an blauen Seen, gemütlichen Biergärten, das herrliche Bergpanorama der Alpen stets im Blick. Gerne nutzt nicht nur die Bahn diese Bilder, um im Ausland für einen Besuch Deutschlands per Bahn zu werben.
Der höchste deutsche ICE-Bahnhof
Doch dann wird man etwas besseren belehrt. Der Zug windet sich von Garmisch-Partenkirchen hinauf nach Klais, das stolz damit wirbt, den höchsten ICE-Bahnhof Deutschlands zu besitzen. Dort wartet schon der Shuttlebus. Auch eine jüngere Frau ist mit meinem Bummelzug aus München angekommen. Als wir uns miteinander bekannt machen, bleibt mir ihr Vorname Joy in Erinnerung. Sie käme gerade aus Portugal, von der Algarve, erzählt sie. Besser als hier sei das Wetter dort auch nicht, vielleicht ein wenig wärmer. |
Sie habe dort ein 2-Sterne-Restaurant, erzählt sie mir und mir schwant, woher in Albufeira die Villa Joya, das „Haus der Freude“, seinen Namen hat, in dem der Österreicher Dieter Koschina seit Jahren eine der besten Küchen Portugals führt, die auf Platz 22 der weltbesten Restaurants geführt wird. Leider habe ich es noch nicht geschafft, dort vorbeizuschauen, zu weit liegt es vom normalen Kurs, doch seine Küche konnte ich schon auf der MS Europa genießen, wo der Meisterkoch hin und wieder beim Gourmetfestival aufkocht. |

Zimmer im Kranzbach
(c) Michael Ritter
Ankunft im Kranzbach
Eine Privatstrasse führt von Klais den Berg hinauf ins Elmauer Tal. Gleich bei dessen Eingang begrüßt uns eine große Wiesenfläche und auch unser Ziel: Das Kranzbach. Das beeindruckende alte Schloss mit seinen gestaffelten Giebeln und den zwei kleinen Torhäuschen liegt auf rund 1.000 Metern Höhe am Rand einer 13 Hektar großen von Wald umgebenen sonnigen Bergwiese. Dieser Anblick fasziniert mich sicher genauso, wie seine Erbauerin Mary Portman. Vom neuen Hotel, dessen größter Teil sich dem Blick verborgen und unter der Auffahrt versteckt, bekommt man erst einmal nichts mit. |
Dort, mit Blick auf den kleinen Kräutergarten hinter dem Haus, hat man schon das Kuchenbuffet aufgebaut und zahlreiche Gäste können und wollen dem leckeren Angebot nicht widerstehen. |

Torhäuschen im Kranzbach
(c) Michael Ritter
Das Bergschloss der Mary Isabel Portman
"The Honourable" Mary Isabel Portman aus London war wohl auch von diesem Blick gefangen genommen. Sie war so etwas wie das schwarze Schaf ihrer reichen Familie, ein Attribut, das man gerne bekommt, wenn man einen eigenen Kopf hat und den auch durchsetzt. In London war damals die Zeit der Suffragetten, die sich recht kämpferisch für die Rechte der Frauen, besonders für das Frauenwahlrecht einsetzten. So kämpferisch brauchte sich Mary Isabel nicht zeigen, denn die Portmans konnten sich Sonderwünsche ihrer Tochter erlauben. Ihnen gehören einige Filetstücke in der London City, die ihr Ahn Henry als Oberster Richter des Landes unter Heinrich VIII. 1532 als Wiese erwarb und sein Nachfahre Henry gut 200 Jahre später rund um Portman Square, Baker und Oxford Street bebaute. Mit 36 Jahren hatte sich Mary Isabel so viel Unabhängigkeit erkämpft, dass man sie nicht in London festhielt und die attraktive Frau 1913 den Kaufvertrag über die "Kranzbachwiese bei Garmisch" unterzeichnete. Mary hatte in Leipzig Musik studiert und war eine talentierte Geigerin mit einer unglaublich wertvollen Violine, einer Guarneri del Gesù, die zu den begehrtesten Geigen der Welt zählen und schon mal für 10 bis 20 Millionen Dollar den Besitzer wechseln. Mary hatte zahlreiche berühmte Musiker als Freunde. |
Die Bergbauern rundum nannten es deshalb schnell das "Englische Schloss", da es mit seinen typischen Treppengiebeln mehr an die natursteingemauerten Country Houses in Schottland oder Irland erinnert. Natürlich durfte bei Mary ein riesiger privater Konzertsaal nicht fehlen. Doch leider kam ihrem Glück mit Ausblick auf die Bergwelt der 1. Weltkrieg dazwischen. Hotelchef Klaus King wirkt heute noch etwas betrübt, wenn er an diese Zeit zurückdenkt, die man akribisch recherchiert hat. Da Mary das Geld für den Bau aus England bekam, der Krieg die Auslandszahlungen stoppte und die Bauunternehmen ihr zustehendes Geld forderten, wanderte die junge Multimillionärin sogar für einige Tage ins Gefängnis. Für ihr Verhältnis des Kulturfans zum Land der Dichter und Denker war dies wenig förderlich. Es ist nicht bekannt, dass Mary nach Zahlung der Außenstände und der Fertigstellung des Hauses jemals dorthin zurückkehrte. 1931 verstirbt sie in der Schweiz. Was für ein Jammer! |

Badehaus des Kranzbach
(c) Michael Ritter
Dr. Edingers Trouvaille
Bis 2003 dümpelte das mehr und mehr heruntergekommene Gästehaus mit der schönen Aussicht vor sich hin, bis Ende 2003 Jakob Edinger vorbeikam. Der gerne aus dem Hintergrund agierende promovierte Touristiker, der eine Reihe eigener Hotels besitzt und auch andere Hotels berät, wollte eigentlich auf einer Wanderung mit seinem Hund im damals noch nicht zum Luxusresort umgebauten Schloss Elmau übernachten, doch verweigerte man seinem Hund dort den Zutritt und er musste weiterwandern. Auch die damaligen Gastgeber des Kranzbach waren anfangs nicht erpicht auf den Mann mit Hund, gaben ihm dann aber die große Suite und sorgten so dafür, dass er sich in die alten Mauern verliebte, es aus der Konkursmasse von der Kirche erwarb und in den folgenden Jahren mit immensen Aufwand in eines der schönsten und besten Wellnesshotels Deutschlands verwandelte. |
Auch die ineinander übergehenden Salons, durch die man in die Bar gelangt, zeichnen sich durch Ilse Crawfords Stil aus. Wer mag, kann im Games Room eine Runde Schach, Mühle oder Backgammon spielen. „Those who play together, stay together“ steht am Eingang. Allen gemein ist die unglaubliche Ruhe. Wenn ich diese nur als Großstädter empfunden hätte, wäre es nachvollziehbar, doch da ich jetzt in absolut ruhiger ländlicher Umgebung ohne Flugverkehr, Autobahn und Eisenbahn lebe, weiß ich wovon ich spreche, denn ich habe weiterhin Nachbarn, die meine Ruhe gefährden. |

Kranzbach Restaurant
(c) Hanka Paetow
Die Feinen Privathotels
Viel Zeit hat Klaus King nicht für uns, denn meine Mitfahrerin bei der Anreise ist Teil einer kleinen Gruppe von Kollegen aus anderen Feinen Privathotels, wie der Sonne Frankenberg , dem Schlosshotel Kronberg, dem Lois C. Jacob und dem Fährhaus Sylt am Munkmarscher Yachthafen. Viele davon hatte ich im Laufe der Jahre schon besuchen können. Mit den elitären Großseglern Seacloud und Seacloud 2 sind auch zwei schwimmende Luxusherbergen dabei. Fast alle diese Hotels eint eine erstklassige, oft mit einem oder zwei Michelin-Sternen gekrönte Küche. Beim Kranzbach muss sich diese mit dem jungen Küchenchef, der erst im August die Küchenleitung übernommen hat, noch bestätigen. |
Ein echter Hingucker ist Ilse Crawfords teils skurrile Einrichtung. Ob die überdimensionierte Schreibtischlampe im Blauen Salon, das kuschelige Spielzimmer mit extra ausgewählten Sesseln und Lampen, der gelbe Salon mit seinen amorphen Lampen oder die anheimelnde Bar, die förmlich zu langen Apres Ski-Gesprächen einlädt. Überall sorgen Kamine für die nötige Wohlfühlwärme. |

Sauna mit Ausblick
(c) Hanka Paetow
Den Tag genießen im Badehaus
Auch im Herbst macht es Spaß mit der aufgehenden Sonne das herrliche Bergpanorama zu betrachten. Bei der ersten Tasse Kaffee mit dem guten Wasser der hoteleigenen Quelle auf dem Balkon fällt der Blick auf den dampfenden Pool, der gerade von seiner schützenden Nachtplane befreit wurde. Der über der Wise hängende Nebel vermischt sich damit perfekt und man möchte sofort die Kamera auspacken, um die einzigartige Stimmung festzuhalten. Auch bei offenem Fenster hört man keinen Ton, es sei denn man hat ein Zimmer zum Wald hin und erfreut sich an den abendlichen Brunftrufen der Hirsche. |
Dann kann King ganz nonchalant anbieten, die Rechnung zu übernehmen. In die Gefahr, dass man dies einfordern könnte, kommt er selbst bei Vollauslastung des Hotels nicht. Überhaupt bietet das Badehaus ein breites Angebot an. |

Niedrigtemperaturgegarte Fleischspezialitäten
(c) Michael Ritter
Die Gastronomie des Kranzbach
Anders als Nachbar Schloss Elmau, mit seinen diversen Restaurants, wo Mario Corti und Mario Paecke im Luce d’Oro Sterneküche anbieten, die auch Nicht-Hotelgästen genießen können, hat Klaus King, einst in Lindau Deutschland jüngster Sternekoch, im Kranzbach auf Gourmetküche verzichtet. Dafür bietet das Hotel seinen Gästen eine Superior-Halbpension. Das große aber angenehm unterteilte Restaurant steht ausschließlich den bis zu 235 Gästen des Resorts zur Verfügung. Nach dem ausgezeichneten Frühstücksbüffet, das wohl kaum einen Wunsch offen lässt, stillt mittags eine „light lunch“ mit zwei Auswahlsuppen und kleinem Salatbuffet den kleinen Hunger. Damit niemand bis zum Abendessen darben muss steht dann aber am Nachmittag auch eine Auswahl an Kuchen und Strudel bereit. |
Recht anspruchsvoll ist dasabendliche viergängige Auswahlmenü mit vielen regionalen Spezialitäten beim Fisch und Fleisch und immer gibt es dazu auch eine vegetarische Variante, die man ganz nach Gusto ordern kann. Alle Gerichte werden dabei frisch zubereitet. Damit das Warten nicht zu lang wird, steht ein erstklassiges Salat- und Käsebüffet bereit. |

Käseexperten Thomas Breckle und Martin Rössle
(c) Hanka Paetow
Alles nur Käse
Das bereits erwähnte Käsebüffet überzeugt hingegen vollends. Jeden steht morgens und am Abend eine abwechselnde Auswahl von bis zu 30 verschiedenen Käsesorten in den Käsekästen zur Wahl. Dabei sollte für jeden Geschmack etwas vorhanden sein. Der Schwerpunkt liegt auf dem Alpenraum, doch man findet auch etliche französische Käse vom Frisch- bis zum Hartkäse. |
Im Prinzip braucht man dazu kaum mehr als eine gutes Glas Wein, wie beispielsweise Alois Lageders Fòrra Bianco, dann ist der Käse ein Genuss. Einmal in der Woche werden die Käse mit Wein, dem aus Göttingen stammenden Louisenhaller Salz (das man wie den Käse bei Manufactum bekommt) und Wasser geschmiert und von den Käsespezialisten begutachtet. Einige Käse, wie die Schwarze Mamba oder der Zungenbrecher Sbrinz, ein an den Parmesan erinnernder extraharter Käse aus der Innerschweiz, schmecken unglaublich lecker. |

Zwei Generationen Imker und Jäger
(c) Michael Ritter
Naturreiner Berghonig
Eine andere Spezialität ist der Berghonig, den er seinen Gästen anbietet. Zwar sind viele begeistert von der Honigwabe auf dem Frühstücksbüffet, doch die kommt aus dem tiefer gelegenen Alpenvorland bei Weilheim. Das Highlight am Frühstücksbüffet steht dort in ganz banalen Gläsern. Es stammt von den rund 60 Bienenvölkern der Familie Leismüller, die etwas oberhalb des Kranzbacher Waldes ausschwirren. Hauptberuflich sind die Leismüllers bayrische Berufsjäger. „Nicht ein Beruf, sondern eine Berufung“ beschreiben sie selbst ihr Berufsbild. Zuständig für die Wildtiere und deren Lebensraum. |
Dieses Understatement, welches das Kranzbach zu einer Art Gegenentwurf zum protzigen Schloss Elmau machen, haben auch viele von dessen früheren Stammgästen abgeworben, die Müller-Elmaus rigorose Umwandlung des Hotels in ein stylisches Ultra-Luxus-Resort in den letzten 20 Jahren nicht folgen wollten. Viele davon sind heute Stammgäste des Kranzbach und freuen sich auf ein Wiedersehen mit alten Freunden und Bekannten, wenn das Kranzbach regelmäßig zu seinen Stammgästewochen einlädt – für Paare und Einzelreisende getrennt. Manchmal hat man dann sogar die Chance im Restaurant richtig gut auf Sterneniveau zu essen. In diesem Jahr erwartet man Harald Wohlfahrt als Gastkoch. |

Eberhardt Holz im Backhaus
(c) Hanka Paetow
Der Herr der 70 Brote
Der Honig passt vorzüglich zum Brot, für das Edinger 2015 den Baiersbronner Bäcker- und Konditormeister Eberhard Holz gewinnen konnte. Als er dem früheren Bäcker-Europameister und „Hoflieferanten“ zahlreicher deutscher Sterneköche beim Restaurant eine eigene Profi-Bäckerei mit Schokoladen-Manufaktur einrichtete, verzichtete der umtriebige Schwabe erst einmal auf den verdienten Ruhestand und ist viel öfter in der Backstube, als er vertraglich eigentlich sein müsste. Rund 70 unterschiedliche Brotsorten, Brötchen. Croissants, Brezeln etc. findet man auf einer Seite des Frühstücksbüffets. Die Schokolade, die Holz schöpft ist köstlich, pur oder mit eingearbeiteten Nüssen und Körnern. Kaum einer der Gäste geht abends am Ausgang des Restaurants an dem Tischchen mit der Schokolade vorbei, ohne sich bedient zu haben. Der schlagfertige und weitgereiste Bäcker hat auch andernorts Aufbauhilfe in Sachen Backen geleistet – zum Beispiel im russischen Wolgograd, das vielen Deutschen unter dem Namen Stalingrad noch in Erinnerung ist. |
Dort hat er mit Bäckern und Metzgern aus seiner Heimat und Studenten der Agraruniversität, die freudig bei ihnen lernten, einen Weihnachtsmarkt auf die Beine gestellt. Als Angela Merkel ihn dort mit Wladimir Putin besuchte, nutzte er die Bundeskanzlerin couragiert als Dolmetscherin. Jetzt backt er zu Weihnachten mit den Hotelgästen Plätzchen. |

Badehaus des Kranzbach
(c) Michael Ritter
(c) Connaisseur & Gourmet 2021