Der ehemalige Unternehmensberater Gerhard Eichelmann hat sich in den vergangenen 20 Jahren einen Namen als Freund deutscher Weine gemacht, deren beste er zusammen mit einem Team von Experten seit dem Jahr 2000 alljährlich in seinem Buch Eichelmann Deutschlands Weine vorstellt und beurteilt. Zu seiner Hochzeit, schreibt Eichelmann, habe man ihm eine Kiste australischer Topweine des Weinguts Henschke geschenkt, die er - anders als seine Frau - als sein schönste Hochzeitgeschenk betrachtete. Jutta Eichelmann hat eine Vorliebe für Champagner, weshalb der gute Ehemann bei gemeinsamen Reisen und in separaten Verkostungen Champagner genau unter die Lupe nahm. Zwischenzeitlich hat er mehrere erfolgreiche Bücher über das perlende Gold Frankreichs geschrieben und fand, dass er sich jetzt guten Gewissens seinen Interessen für Australien widmen könne. Ehefrau Jutta war dabei und hat viele der Fotos zum Buch beigesteuert.
Wer den langen Weg eines 24-stündigen Flugs auf sich nimmt und nach Australien reist, wird feststellen, dass dort nicht alle Weine die Qualität des Hochzeitsgeschenks aus dem Keller von Steve Henschke erreichen. Steves Familienname weist schon auf die deutsche Herkunft seiner Ahnen hin. 1861 gründete sein Ururgroßvater Johann Christian, der wegen seines Glaubens aus Schlesien geflohen war, sein Weingut in Südaustralien. Es gab eine Zeit, wo die ganze Region von deutschen Einwanderern geprägt war, was sich auch an den einst deutschen Ortsnamen in der Region rund um Adelaide und das Barossa Valley bemerkbar machte. Schon im Ersten Weltkrieg war Schluss damit, da Australien die Verwendung der deutschen Sprache unterdrückte und die Orte englisch umbenannte. Höchste Qualität hatte man sich schon früh auf die Fahnen geschrieben und nachdem Steves Vater Cyril 1966 im Eden Valley zwischen Barossa Valley und Adelaide Hills Riesling und Shiraz anpflanzte, der zum Besten und Teuersten zählt, was man in Australien trinken kann, war das Weingut in der Spitzenzone angekommen. Auch der Riesling von Steve und Prue kann sich sehen lassen. Nach ihrer Ausbildung in Australien haben der sympathische Steve und seine Frau Prue gemeinsam in Geisenheim studiert und in den dortigen Weinbergen ihre Erfahrungen vertiefen können. Einer der großartigsten Weine, die ich bei meinen Besuchen vor Ort verkosten durfte, war der Hill of Grace, ein unverwechselbarer reinsortiger Shiraz aus der gleichnamigen Parzelle, der sehr gelungen Boden und das besondere Microklima des Eden Valley widerspiegelt.
Doch zurück zum Buch. Henschke findet sich selbstverständlich auch im Buch wieder, ebenso wie - auf der anderen Seite des Qualitätsspektrums - der Massenproduzent Casella, den ich Anfang des Jahrtausends kurz nach dem Beginn seines atemberaubenden Aufstiegs erstmals besuchte. John Casella hatte es kurz zuvor dank seines cleveren Managers geschafft, ein zuvor vom Marktführer Penfolds abgelehntes Label für seine Weine zu übernehmen: Yellow Tail. |
Das kleine Känguru mit dem klaren einfarbigen Etikett und dazu passenden Karton kam international gut an und binnen kürzester Zeit entwickelte sich der kleine Betrieb aus Griffith im italienisch geprägten flachen Weinbaugebiet Riverina zu einem der größten Produzenten des Landes, der – anfangs ohne nennenswerte eigene Weinberge – in den Tanks rund um das Wohnhaus von Johns Eltern Wein produzierte.
Inzwischen ist nicht nur Yello Tail sondern auch andere australische Weine international sehr begehrt und stark nachgefragt. Da sie ohne sprachliche Verrenkungen in den englischsprachigen Ländern Großbritannien und den Vereinigten Staaten gut verkauft werden können, tun sich die meisten Australier auch führender Betriebe oft schwer, die meist kleinteilige Händlerstruktur in Deutschland vernünftig zu befriedigen. Nachdem inzwischen auch China wachsende Begehrlichkeit meldet, finden nach Deutschland bei weitem nicht der angemessene Export statt. Nur relativ wenig Insider kennen die wachsende Zahl australischer Weinregionen im Detail. Es ist also an der Zeit, dem australischen Wein mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
In seinem neuen Buch hat Eichelmann weite Wege auf sich genommen, denn die verschiedenen australischen Weinbauregionen verteilen sich - außer im tropischen oder ariden Norden - (fast) rund um den ganzen Kontinent. Eichelmann stellt sie in Wort und Bild vor, von New South Wales bis Western Australia, von Tasmanien bis Queensland, und hat natürlich auch den Weinbauregionen South Australia und Victoria einen Besuch abgestattet. Er erklärt die Besonderheiten der einzelnen Regionen, stellt die wichtigsten Erzeuger vor, die großen international bekannten Weingüter ebenso wie einige kleine, bei uns in Deutschland noch völlig unbekannte Betriebe. In einem abschließenden Kapitel stellt er die besondere Weine Australiens heraus, die er in die Kategorien "Die Klassiker", "Die Newcomer" und "Die Zuverlässigen" einsortiert. Man kann nur hoffen, dass es mit seinem Buch die Neugier gesteigert hat, das Problem ist es leider oft, die besten zahlbaren Weine auch in Deutschland zu erhalten.
Gerhard Eichelmann, Wein aus Australien, Mondo Heidelberg, ISBN 978-3938839379, 49,95 Euro
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