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Castello Nipozzano - Weinadel im Chianti Rùfina

Frescobaldos Montesodi

Viele italienische Weingüter entstanden in den vergangenen 30 bis 40 Jahren. Wenn jemand bereits im 19. Jahrhundert professionell Wein angebaut hat, gilt er gemeinhin als alt und ist darauf zu Recht stolz. Doch jemanden, der auf eine wirklich lange kontinuierliche Geschichte im Weinbau zurückblicken kann, sucht man meist vergeblich.

Beim Florentiner Adelsgeschlecht der Frescobaldi kann man bereits auf eine 700 Jahre alte Tradition zurückblicken, denn schon seit dem 14. Jahrhundert produzieren sie Weine, deren Qualität, Preis und Verlässlichkeit hoch, aber der Leistung angemessen sind. Die Marchesi de‘ Frescobaldi bauen auf rund 1.200 ha, die auf fünf Weingüter in der Toskana verstreut sind, seit 30 Generationen Reben an, aus denen große Weinen entstehen. Ist es bei den Rotweinen derzeit der Riserva Montesodi vom Castello Nipozzano im östlich von Florenz gelegenem kleinen Weinbaugebiet Chianti Rùfina, so punktet Frescobaldi bei den Weißweinen mit dem ausgezeichneten Pomino Benefizio, einer gelungenen Cuvée aus 80 % Chardonnay, 15% Pinot Bianco sowie Traminer und Riesling. Auch die einst mit Mondavi gegründete Tenuta dell'Ornellaia und ein Großteil des Betriebs des Grafen Attems im Collio sind inzwischen Teil des Frescobaldi-Imperiums.

Begonnen hat der Werdegang der Frescobaldi schon lange vor ihrer Weinbaugeschichte mit dem Aufblühen des Bankwesens im mittelalterlichen Florenz um das Jahr 1000, an dem die Frescobaldis durch ihren Tuchhandel im belgischen Brügge partizipieren konnten. Schon bald spielten die Frescobaldi durch die Zünfte eine wichtige Rolle im politischen und wirtschaftlichen Leben des Stadtstaats. Sie kontrollierten den Tuchhandel in England, dessen Könige Eduard I. und Eduard II. sie finanzierten.

Dino Frescobaldi war ein Freund Dantes und besorgte dem im Exil lebenden Freund die in Florenz verbliebenen ersten Gesänge der Göttlichen Komödie. Mit ihren großen Ländereien in Oltrarno am Südufer des Flusses waren sie eine der mächtigsten Familien der Stadt und hatten großes Interesse an der Anbindung Oltrarnos an das Stadtzentrum am Nordufer. Sie erteilten deshalb einige große öffentliche und architektonische Aufträge, wie die erste Holzbrücke über den Arno im Jahr 1252, die schon wenige Jahre später bei einem Spektakel unter der Last der Menschen einstürzte. Auch Brunelleschis neue Basilika di Santo Spirito geht auf die in der Nachbarschaft im Borgo San Jacobo lebende Familie zurück. Gerolamo Frescobaldi machte sich als einer der wichtigsten Komponisten der Barockmusik einen Namen, doch auch einige Bankrotte überschatteten die Geschichte des Adelshauses.

Die frühe Weinproduktion belegt ein Dokument, das im Archiv des Weinguts Tenuta di Castiglioni aufbewahrt wird, welches seit 1331 zu den ältesten Besitztümern der Familie gehört. Große Künstler der Renaissance, wie Donatello und Michelozzo Michelozzi tranken den Wein ebenso gerne wie die Herrscher im Vatikan. Das genannte Dokument belegt, dass im Jahr 1300 Berto de’ Frescobaldi seine Weinberge an die Nachfahren vererbte. Damals wurde dieser Wein unter anderem nach England transportiert, wo das Königshaus so begeistert von dem toskanischen Wein war, dass Frescobaldi zum königlichen Hoflieferanten der Plantagenets aufstieg.

Doch dabei sollte es nicht bleiben, denn die Geschichte des Weinvertriebs der Marchesi de’ Frescobaldi könnte ganze Romane füllen. Auch die Tudors mit dem für seine Hochzeitspolitik berühmten Henry VIII., bevorzugten die Weine aus der Toskana. Heute gehört Frescobaldi neben Antinori zu den wichtigsten weinproduzierenden Adelsfamilien der Toskana.

Trotz der langen Tradition, haben die Frescobaldis die Zukunft nicht aus den Augen verloren und bauen als Pioniere in ihrer Heimat auch Chardonnay, Cabernet, Merlot und Pinot Noir an. Auf dem Weg zum Ziel, der führende Weinhersteller der Toskana zu werden, sind sie damit allemal. Weinkritiker wie Robert Parker bzw. seine für Italien zuständige Kollegin Monica Larner, vergeben für ihre Spitzenweine regelmäßig Topwerte über 90 Punkte.

"Unsere Idee ist es, das Land selbst sprechen zu lassen", sagt Vorstandschef Lamberto Frescobaldi. „Als Weinerzeuger seit vielen Generationen verstehen wir unser Handwerk: Bevor wir neue Weinberge anlegen, begutachten und untersuchen wir sorgfältig die verschiedenen Lagen, da sie von Weingut zu Weingut und sogar innerhalb eines Weingutes im Hinblick auf die Zusammensetzung des Bodens und das Mikroklima stark differieren können.“

In Frankfurt hatten wir Gelegenheit den Frescobaldi Montesodi Riserva Chianti DOCG in einer Vertikalverkostung, die zurückreichte bis zum Startjahrgang 1974 zu probieren. Als der 1979 auf den Markt kam, sprach man in Florenz witzelnd, erzählt Conte Lamberto, die von einen "Monte de Soldi" einen "Berg von Geld". Wundern tut's nicht, denn dessen Preis lag damals zehnmal so hoch, wie der des normalen Chianti Rùfina Nipozzano. Dafür lieferte Frescobaldi aber einen harmonischen Riserva von Weltklasseformat. Heute kostet der Wein rund 40 Euro.

Zwar hat man die alten Flaschen inzwischen neu verkorkt und dabei ausgemistet, doch nach wie vor beeindruckt der Wein mit einer feinen Nase, Aromen von Kirsch- und Brombeermarmelade und Brombeeren, im Mund ist er frisch, zeigt weiche Tannine aber eine feste Säure, Gewürznoten, Tabak und Leder.

Eindrucksvoller der große Jahrgang 1985. Ein Wein von dunklem Granat, klar in der Nase, Aromen von Kirsche mit etwas Thymian, Tabak und Kaffee, gut eingebundene Tannine, ausgewogene Säure und frischer saftiger Geschmack, den man bei einem 31-jährigen Wein nicht unbedingt erwartet. Der 1990er glänzte rubinrot und roch nach frischen Kräutern und Pfeffer. Im Mund war auch er angenehm frisch und saftig mit schönen Tanninen und einem langen Abgang.

Der Weinberg, auf dem der Montesodi gelesen wird, liegt rund 400 Meter hoch nach Südwesten und enthält ausschließlich Sangiovese.

Der aktuelle Montesodi Riserva Chianti Rùfina 2012 zeigt sich ebenfalls mit kräftigem Rubinrot. Seine intensiven Aromen sind intensiv sehr facettenreich und werden von dunklen Beeren dominiert, die würzige Kräuternoten und Eukalyptus bereichert. Im Geschmack ist er wiederum sehr vollmundig und mit enormer Dichte, weich mit schön integrierten süßen Tanninen. Dazu noch eine Spur Kaffee und Vanille. Der Wein passt vorzüglich zu Lamm- und Wildgerichten, doch auch zu geschmorten Rindfleisch. Wer mag, kann den Wein dekantieren, was er mit einer besseren Entfaltung seiner Aromen dankt.

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