Auf Austerntour in Dänemark
Austernsafari
Es liegt nur einen Katzensprung hinter der dänischen Grenze - das Wattenmeerzentrum von Ribe. Dessen Leiter Klaus Melbye erwartet uns schon früh am Morgen mit Kaffee und frisch aufgebackenen dänischen Brötchen mit Brombeermarmelade. |
Kein Wunder also, dass viele deutsche Gäste kommen, um sich hier über das zum UNESCO Weltnaturerbe ernannte Wattenmeer zu informieren und zu Touren ins Watt aufzubrechen – so wie wir. |
Viel Zeit bleibt nicht, dann müssen wir uns aufmachen zum Deich, wo wir in brusthohe Watthosen schlüpfen. Bei Ebbe geht es auf eine längere Wanderung durch Watt und Wasser. Die Tour erfordert Kondition, denn wenn man im Watt stehen bleibt, versinkt man schnell einige Zentimeter im Schlick und muss sich dann Kräfte zehrend selbst herausziehen. |
Am Himmel hört man den typischen Ruf der Gänse, die sich hier auf dem Vogelzug gern Fett für den anstrengenden Weiterflug anfressen. Einige kleine Vögel vervielfachen dabei ihr Gewicht. Als am Horizont ein bizarres Gebilde zu sehen ist, hält er kurz an. „Schwarze Sonne nennen wir dieses einmalige Naturphänomen“, erzählt er. |
„Was aussieht wie eine Wolke, sind in Wirklichkeit Hunderttausende von Staren, die sich zu einem gigantischen Schwarm versammeln. Am Abend fliegen sie so über die Marsche, bevor sie sich zur Nachtruhe niederlassen“, erklärt Klaus. |
Da es wegen der Gezeiten keinen richtigen Hafen gab, seien sie bei Ebbe durchs Watt zu den Schiffen getrieben und dann mit Seilen verladen worden. |
Eingewandert: die Pazifische Felsenauster
Doch die Miesmuscheln sind nicht unser Ziel. Uns reizt ein Immigrant ganz besonderer Art: Crassostrea gigas – vulgo: die Pazifische Felsenauster. Dass der Invasor hier Fuß fassen konnte, erzählt Klaus Melbye, liege an der Erwärmung der Nordsee. Während die einheimische europäische Auster schon bei Wasser-Temperaturen ab 15 °C laicht, fordert die Felsenauster mindestens 19 °C. |
Vor rund zehn Jahren hat er sie zum ersten Mal hier im dänischen Wattenmeer wahrgenommen. Ob sie langsam von den französischen Austernbänken nach Norden gewandert sind oder die ersten von ihnen auf der Suche nach Freiheit aus der Sylter Austernzucht ausbüxten – wer weiß. |
Austern gelten als gesundheitsfördernd. Ihre Wirkung als Aphrodisiakum, von der einst Casanova schwärmte, konnten Wissenschaftler indes nicht nachweisen. Geschlürft werden sie bevorzugt roh mitsamt dem Wasser. |
„Mehrere Hundert Liter Wasser pumpt eine Auster täglich zur Algenaufnahme durch ihren Körper. Die neue Austernflut geht auch auf Kosten der Miesmuscheln, deren Lebensraum durch diese Invasion schrumpft. |
Sieht die Auster am Anfang aus wie ein kleiner schwarzer Wurm, bildet sie dann eine feste Schale. Eine Tour de Force, die nur die Hälfte überlebt. Trotzdem kommen so jedes Jahr Hunderttausende neuer Austern hinzu. |
„Zuviel, um sie selbst zu essen“, scherzt Klaus und erklärt, dass die kommerzielle Ernte im Nationalpark nicht erlaubt sei. Vor ein paar Jahren hat er damit angefangen in den Wintermonaten, wenn das Besucherzentrum geschlossen ist, Austerntouren anzubieten. |
Manchmal geht es schon früh um 7 Uhr los, manchmal erst gegen Mittag. Die Touren erfreuen sich guten Zulaufs, denn wenn die Mitwanderer dürfen nicht nur nach Gusto vor Ort Austern schlürfen, sondern können so viele Austern ernten, wie sie zurücktragen können. Die optimale Auster, die man aus Gourmetlokalen kennt, ist etwa zwei bis drei Jahre alt, ideal zu schlürfen und wiegt rund 80 Gramm. |
Viele Gäste sammeln in den Stunden auf der Muschelbank bis zu 20 Kilogramm. Eine echte Herausforderung, denn der Rückweg durch das zurückflutende Wasser wird dann doppelt schwer. Doch für Gourmets lohnt es sich allemal. |
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