Alte Musik in Füssen
Schloss Neuschwanstein
(c) Füssen Tourismus und Marketing
Die meisten Deutschen verbinden mit Füssen das Märchenschloß des Bayernkönig Ludwig II. Die Stadt liegt zwischen Alpengipfeln und Seenparadies und ist als südliches Ende der "Romantsichen Strasse" ein beliebter Urlaubs- und Kurort Füssen im Allgäu. In einer der beeindruckendsten bayerischen Urlaubsregionen erwarten Besucher Traumtouren zu Fuß oder mit dem Radel, Kunst, Kultur und Shopping in der romantischen Altstadt und als Sightseeing-Highlights natürlich die weltberühmten Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau. Lassen Sie sich doch einmal von der Stadt König Ludwigs II. verzaubern.
Marienvesper
c) Klaus Wankmiller
Füssener Festtage Alter Musik
Inzwischen gibt es mehrere Festivals, die sich nicht auf einen Komponisten, sondern auf „Alte Musik“ per se ausrichten. Neu dazugekommen sind seit 2023 die Füssener Festtage Alter Musik, die in diesem Jahr zum zweiten Mal vom 5. – 9. Juni 2024 stattfanden. Füssen ist dafür quasi prädestiniert, denn der Ort ist für die europäische Musikgeschichte von großer Bedeutung, da hier 1562 die erste Lautenmacherzunft Europas gegründet wurde und Füssen an der Via Claudia Augusta gelegen als Wiege des gewerbsmäßigen Lautenbaus in Europa gilt. Damals arbeiteten in der rund 2000 Einwohner zählenden Stadt am Lech um die 20 Lautenmachermeister. In der Zeit des Barocks entwickelte sich der Ort zum wichtigsten Zentrum des deutschen Geigenbaus. Im 18. Jahrhundert arbeiteten hier 80 Geigenmacher, deren Instrumente in ganz Europa begehrt waren. Es war auch eine Geschichte der Arbeitsmigration, denn hunderte der Füssener Lauten- und Geigenmachern mussten an die Fürstenhöfe und in große europäische Kulturmetropolen wie Prag, Wien, Lyon und Oberitalien auswandern, um dort mit neuen Werkstätten näher am Kunden zu sein. Vor allen in Wien dominierten die Geigenbauer aus Füssen und hatten fast ein Monopol. Der aus Füssen stammende Franz Geißenhof galt in seiner Zeit als „Wiener Stradivari“ und setzte mit seinem großen Talent hohe Maßstäbe, die Wien neben Paris und London zum führenden Geigenbau-Zentrum Europas machten. |
Wichtiger war allerdings das kulturelle Umfeld. Schon im 13. Jahrhundert pflegte man auf den Adelssitzen der Umgebung höfische Musikkultur, wobei man auf den Minnesänger Hiltepold von Schwangau verweisen kann, der in der berühmten Manessischen Liederhandschrift dargestellt ist. In der Stadt war das Benediktinerstift St. Mang ein wichtiger Auftraggeber für Musikinstrumente und das darüber liegende Hohe Schloss diente den Augsburger Fürstbischöfen als Residenz, die großzügig Wissenschaften und Künste förderten. Als ihr Gast weilte Kaiser Maximilian I. fast 40mal in der Stadt. Mit dabei war meist auch die Hofkapelle und bekannte Komponisten ihrer Zeit, da der große Musikfreund darauf bei seinen oft wochenlangen Aufenthalten nicht verzichten wollte. |
Füssener Totentanz
Stadt Füssen Samer
Von der Marienvesper zum Todentanz
Die neuen Füssener Festtage Alter Musik stand vom 5. – 9. Juniunter dem Motto „Füssen Ba-rockt!“ Bei neunzehn Konzerten und Veranstaltungen zeigten international renommierte Künstler die erstaunliche Vielfalt Alter Musik. Am 6. Juni stand Claudio Monteverdis großes Oeuvre, die Marienvesper, auf dem Programm der Festtage, bei der Experten der Alten Musik wie die Capella Cracoviensis unter der Leitung des belgischen Posaunisten und Dirigenten Wim Becu, einem Fachmann für historische Aufführungspraxis, mit renommierten Gesangssolisten wie Jan Kobow und Andrew Tortise das Schiff der Stadtkirche St. Mang mit der Musik des aus Füssens Partnerstadt Cremona stammenden Komponisten erfüllten. Monteverdi steht wie kaum ein anderer für den Wechsel von Renaissance zu Barock und gilt mit L’Orfeo als Pionier der Oper. Die Marienvesper schrieb er drei Jahre nach dem richtungsweisenden L’Orfeo. Nach seinem Dienst im Haus Gonzaga hatte er sie Papst Paul V. gewidmet und so wurde sie beim Umzug nach Rom fast zu einer Bewerbung, mit der er seine Vielseitigkeit unter Beweis stellen wollte. Wie andere Vespern besteht sie aus einem Invitatorium, fünf Psalmen, einem Hymnus und einem Magnificat, doch fügte Monteverdi mit den Concerti in seiner Zeit sehr moderne Elemente zwischen den Psalmen ein. Bei den Sängern wechselt es zwischen Sechs- und doppelchöriger Zehnstimmigkeit mit Instrumentaleinsatz, was teilweise auch den Einsatz der Solisten im Chor erforderlich macht. Wahrscheinlich hat sie Monteverdi für Mariä Verkündigung komponiert. |
Sie war einer der Glanzpunkte des kleinen Festivals, bei dem Becu Monteverdis Meisterwerk souverän leitete. Neben den beiden Tenören Kobow und Torise konnten auch die Sopranistinnen Antonina Ruda und Anna Zawisza überzeugen. Den Auftakt machte Monteverdis gesungene und von den Bläsern vorgetragene Fanfare, die den Reigen von Psalmen und Concerti einleitete. Dirigent Becu, der vor Beginn der Marienvesper im Mönchschor in das Werk einleitete, betrachtet die Marienverehrung als verbindende Klammer der einzelnen Stücke. |
Die Kunst der Orgel
Schon seit dem 14. Jahrhundert ist der Totentanz ein fester Begriff für einen Bilderzyklus, der die Macht des Todes über das Leben aller Menschen darstellt. Darin lädt der Tod Menschen jeden Standes („Jedermann“) zum letzten Tanz. Jakob Hiebler schuf in der St.-Anna-Kapelle des Klosters St. Mang mit dem Füssener Totentanzes die älteste erhaltene Darstellung dieser Gattung in Bayern. 1746 griff es in der Friedhofskirche St. Sebastian der Maler Bartholomäus Stapf auf. Bei ihm tanzt der Tod nicht mit den Menschen den Dance Macabre, sondern er schaut den Betrachter direkt an. Im Konzert hörten die wenigen Gäste eindrucksvoll gespielte irdische und himmlische Werke aus Spätmittelalter und Frührenaissance, unter anderem von Binchois, Agricola, des Prez und Ockeghem. Requiem- und Miserere-Texte standen für die Trauer, Tänze und Motetten für die Hoffnung. |
Durch Umbauten im 19. Jahrhundert sind nur wenige Originalteile erhalten, aber der Klang und auch die schönen Intarsien sind Hinhörer und Hingucker. Helene von Rechenberg wählte für ihr Konzert Werke aus dem süddeutschen Orgelbarock von Gottfried und Georg Muffat aus, die mit feinem silbrigem Klang von italienischen und französischen Vorbildern beeinflusst sind. |
(c) Connaisseur & Gourmet 2021